Trump-Schock: Wenn Politik die Märkte regiert

Liebe Leserinnen und Leser,
die Finanzmärkte gleichen dieser Tage einem Nervositätsbarometer der Weltpolitik. Während Donald Trump mit einem beispiellosen Angriff auf die Fed-Unabhängigkeit für Aufruhr sorgt und China mit Zöllen von bis zu 200 Prozent bedroht, gerät Europa zwischen die Fronten eines sich verschärfenden Wirtschaftskriegs. Die Folgen spüren wir längst in Frankfurt, Paris und Mailand – doch was sich gerade abspielt, könnte erst der Anfang sein.
Fed im Fadenkreuz: Der Präzedenzfall Cook
In den frühen Morgenstunden des Dienstags platzte die Nachricht wie eine Bombe in die Handelssäle: Trump will Fed-Gouverneurin Lisa Cook feuern – mit sofortiger Wirkung. Der Vorwurf? Angebliche Falschangaben bei Hypothekenverträgen aus dem Jahr 2021, als Cook noch Professorin war. Die Beschuldigte kontert scharf: "Der Präsident hat keine Vollmachten dazu."
Was nach einem persönlichen Machtkampf aussieht, ist in Wahrheit ein Frontalangriff auf die Unabhängigkeit der Notenbank. Seit den 1970er Jahren gilt die Fed als sakrosankt, ihre Gouverneure sind auf 14 Jahre ernannt – länger als drei Präsidentschaftsperioden. Diese Konstruktion soll die Geldpolitik vor politischen Launen schützen. Trump scheint entschlossen, diese Tradition zu pulverisieren.
Die Märkte reagierten mit einem klassischen Fluchtreflex: Kurzfristige US-Renditen fielen, während die 30-jährigen Papiere um 5 Basispunkte zulegten – ein klares Signal der Inflationsangst. Investoren preisen ein, was eine politisierte Fed bedeuten würde: niedrigere Zinsen auf Kosten höherer Inflation. Für Europa, dessen Anleihen traditionell als sicherer Hafen gelten, könnte dies paradoxerweise zum Problem werden: Kapitalzuflüsse würden den Euro stärken und die Exportwirtschaft belasten.
Die Zoll-Keule schwingt wieder
Als wäre das Fed-Drama nicht genug, legte Trump mit einer Drohung nach, die es in sich hat: 200 Prozent Zölle auf chinesische Waren, sollte Peking die USA nicht "zuverlässig" mit Seltenen Erden beliefern. Der Präsident räumte unumwunden ein, dass dies einem Zusammenbruch des Handels gleichkäme.
Die Ironie dabei: Seltene Erden sind für die grüne Transformation unverzichtbar – von Windrädern über E-Autos bis zu Smartphones. China kontrolliert 70 Prozent der globalen Produktion und über 90 Prozent der Verarbeitung. Ein Handelskrieg würde also ausgerechnet jene Technologien verteuern, auf die der Westen für seine Klimaziele setzt.
Deutsche Unternehmen sitzen zwischen den Stühlen. BASF, Siemens und Continental haben Milliarden in China investiert und sind auf funktionierende Lieferketten angewiesen. Der DAX reagierte entsprechend allergisch: Unter der 24.200-Punkte-Marke rutschend, testete er die 21-Tage-Linie – ein technisches Warnsignal.
Frankreichs Finanzpoker
Während Washington und Peking ihre Muskeln spielen lassen, braut sich in Paris ein hausgemachtes Gewitter zusammen. Premier François Bayrou will die Vertrauensfrage stellen – ausgerechnet wegen des Sparhaushalts. Die Abstimmung am 8. September könnte zur Zerreißprobe werden.
Der CAC 40 stürzte um 1,7 Prozent ab, französische Bankaktien wie BNP Paribas verloren über 5 Prozent. Die Märkte wittern Morgenluft: Eine gescheiterte Regierung würde Frankreichs Reformagenda pulverisieren und die Schuldendynamik außer Kontrolle geraten lassen. Die Risikoaufschläge französischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen weiteten sich bereits aus – ein Déjà-vu der Eurokrise?
Die EZB beobachtet die Lage mit Argusaugen. Eine französische Regierungskrise könnte die fragile Erholung der Eurozone gefährden und die Notenbank zu einem heiklen Balanceakt zwingen: Stützung der Märkte versus Inflationsbekämpfung.
Unternehmens-Schlaglichter
Commerzbank im Abwärtssog: Die Bank of America stufte die Aktie auf "Underperform" herab – die Bewertung sei nach der Rally überzogen. Mit minus 5,5 Prozent führte das Papier die DAX-Verliererseite an. Die Analysten zweifeln, ob die italienische UniCredit wirklich zuschlagen wird.
SFC Energy kämpft: Der Brennstoffzellenspezialist will mit Kostensenkungen gegensteuern. Trotz steigender Umsätze halbierte sich das bereinigte EBIT. CEO Peter Podesser setzt auf Expansion in USA und Südostasien – ausgerechnet in Trumps Zoll-Zeiten ein gewagter Plan.
E-Auto-Boom in Wüstenstaaten: Der Markt für schwere Elektrofahrzeuge soll bis 2032 auf 275 Milliarden Dollar explodieren – eine Verfünffachung. Treiber sind ausgerechnet Länder wie Saudi-Arabien und die VAE, die ihre Ölabhängigkeit reduzieren wollen. Deutsche Zulieferer wie Continental und ZF Friedrichshafen positionieren sich bereits.
Blick nach vorn
Die kommenden Tage versprechen keine Entspannung. Am Mittwoch veröffentlicht Nvidia seine Zahlen – die Tech-Welt hält den Atem an, ob der KI-Champion die hohen Erwartungen erfüllen kann. Die Fed-Protokolle könnten Hinweise liefern, wie die Notenbank mit Trumps Attacken umgeht. Und in Frankfurt entscheidet die Commerzbank-Führung über ihre Verteidigungsstrategie gegen UniCredit.
Was wir gerade erleben, ist mehr als eine normale Marktkorrektur. Es ist ein Paradigmenwechsel: Die Ära der regelbasierten Weltwirtschaft weicht einem System, in dem Macht vor Recht geht. Für Anleger bedeutet das: Volatilität wird zur neuen Normalität, sichere Häfen werden rarer, und politische Analyse wird wichtiger als Fundamentaldaten.
Die Frage ist nicht, ob die Märkte diese Unsicherheit verkraften – sondern zu welchem Preis.
Herzliche Grüße und eine erkenntnisreiche Woche
Eduard Altmann
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