Transparenzdefizite bei grünen Investments endlich beseitigen
21.05.2025 | 10:58
Nachhaltige Geldanlagen sind für viele Anlegerinnen und Anleger nach wie vor eine Blackbox – schwer durchschaubar und kaum vergleichbar. Als jemand, der sich seit Jahren intensiv mit nachhaltiger Veranlagung befasst und dazu auch umfassende Studien durchgeführt hat, weiß ich, wie schwierig es ist, echte Wirkung von bloßem Greenwashing zu unterscheiden. Mein Vorschlag: Fondsanbieter sollten freiwillig aussagekräftige ESG- und Impact-Daten offenlegen – übersichtlich und transparent.
Ein Kommentar und Foto von Robert Zepnik, Geschäftsführer von ZEPCON
Trotz der aktuellen politischen Gegenströmungen – insbesondere aus den USA – ist das Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage längst kein Nischenthema mehr. Auch in Europa bleibt das Interesse groß. Was jedoch fehlt, sind einheitliche Definitionen. Begriffe wie „Impact-“ oder „Transition-Investments“ werden unterschiedlich ausgelegt, was zu Unsicherheit führt – ebenso wie die derzeitige SFDR, deren Artikel 8 und 9 keine Gütesiegel darstellen, sondern bloß eine Selbstdeklaration.
Ich verstehe die Kritik an der Komplexität der Regulatorik – sie verursacht Aufwand und kann Investitionsprozesse hemmen. Aber ich beobachte auch, dass viele vermeintlich „grüne“ Fonds sich stärker auf kurzfristige Performance konzentrieren als auf tatsächliche Nachhaltigkeit. Nur wenige Fonds verfolgen tatsächlich Impact-Ziele mit messbarem gesellschaftlichem oder ökologischem Mehrwert.
Das zeigt sich auch anhand der neuen ESMA-Leitlinie: Ab 21. Mai 2025 dürfen Fonds ESG-Begriffe im Namen nur dann führen, wenn mindestens 80 % ihrer Anlagen EU-konform nachhaltig sind. Viele Fonds haben daher bereits umbenannt – ein klares Signal für die bestehende Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität.
Im Rahmen meiner Studien – unter anderem mit der Plattform investRFP sowie CLEANVEST Pro – habe ich sowohl institutionelle als auch private Anlegerperspektiven analysiert. Dabei haben sich vier zentrale Erkenntnisse herauskristallisiert:
- Nicht jeder ESG-Fonds erzielt Wirkung. Viele Produkte verwenden ESG-Kriterien, ohne konkrete Impact-Ziele zu verfolgen. Der kurzfristige Ertrag steht oft im Vordergrund.
- Privatanleger sind überfordert. Immer mehr Menschen wollen nachhaltig investieren, doch die fehlende Vergleichbarkeit erschwert eine fundierte Auswahl. Eine unabhängige, kritische Beratung ist daher wichtiger denn je.
- Begriffe und Wirkungen sind uneinheitlich. Es herrscht ein Mangel an verständlichen Definitionen – und somit auch an Vertrauen.
- Impact- und Transition-Investing sind unterrepräsentiert. Solche Ansätze existieren, aber in der Praxis fehlen echte Produkte mit nachvollziehbarer Wirkung.
Ich halte es für absolut legitim, mit bestimmten Unternehmen aus ethischen Gründen keine Rendite erzielen zu wollen. ESG-Investing zeigt bereits Wirkung – doch für noch mehr Impact braucht es spezialisierte Fonds mit aktiver Einflussnahme: durch Stimmrechte, Engagement und klare Strategien. Hier fehlt jedoch ein verständliches System zur Wirkungsmessung – ein europäisches IMM-System ist dringend erforderlich. Ebenso brauchen wir Alternativen zur Dominanz US-amerikanischer Ratingagenturen.
Mein konkreter Lösungsvorschlag: Ergänzen wir die Fonds-Factsheets um freiwillige Kennzahlen wie standardisierte ESG-Ratings, SDG-Beiträge und zentrale Nachhaltigkeitsindikatoren – kompakt dargestellt unter der Rubrik „Nachhaltigkeit auf einen Blick“.
Ich möchte nicht nur Kritik üben, sondern zur Verbesserung beitragen. Es wäre erfreulich, wenn ambitionierte Anbieter meine Vorschläge aufgreifen – zumindest teilweise. Wir alle – Berater:innen wie Anleger:innen – brauchen mehr Transparenz und vergleichbare Informationen. Nachhaltige Geldanlage ist ein wichtiger Hebel für die Transformation unserer Wirtschaft. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass sie auch wirkt.
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