TIROLER TAGESZEITUNG AM SONNTAG "Leitartikel" Ausgabe vom 18. September 2022, von Alois Vahrner: "Schulterschluss gegen Teuerung"
Die Preis- und Kostenlawine trifft die Bevölkerung ebenso wie die Wirtschaft. Wie bei Corona müssen Politik und Sozialpartner jetzt an einem Strang ziehen.
Wir taumeln offenbar unaufhaltsam von Krise zu Krise. Nach Ausbruch der Corona-Pandemie vor zweieinhalb Jahren wurden ganze Branchen wochen- und monatelang einfach zugesperrt. Es drohte ein Wirtschafts-Crash mit verheerenden Folgen. Wie treff(un) sicher etliche Maßnahmen auch gewesen sind, die staatlichen Milliarden-Pakete verhinderten eine riesige Pleitewelle und Hunderttausende verlorene Jobs, gerade auch durch die Kurzarbeit. Und so mühsam sonst die endlosen Verhandlungsrituale meist sind, bei der Herbstlohnrunde 2020 verkündeten Gewerkschaften und Arbeitgeber nach einer Blitzrunde eine Einigung.
Die sich schon vorher aufbauende, aber durch den von Russland vom Zaun gebrochenen Ukraine-Krieg massiv verschärfte Teuerungswelle und Sorgen um die Energieversorgung treffen die Menschen hart, am stärksten die BezieherInnen von kleineren Einkommen oder Pensionen. So gingen gestern bundesweit Zehntausende auf die Straßen, um für einen Ausgleich zu demonstrieren. Aber auch die Wirtschaft ist von der Kostenlawine massiv getroffen, unzählige Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Die bevorstehende Lohnrunde wird angesichts der Belastung beider Seiten durch die Rekordinflation zur ganz großen Belastungsprobe für die heimischen Sozialpartner. Eine möglichst große Abdeckung der Teuerung für die Beschäftigten versus drohende Insolvenzen, Jobabbau und Verlust der Wettbewerbsfähigkeit: Das ist ein äußerst schwierig zu meisternder Spagat. Diese Krise, die länger und schwerwiegender als Corona sein könnte, wird allen Flexibilität und vor allem Solidarität abverlangen. Und der Staat wird, auch wenn das letztlich nicht unbeschränkt geht, um weitere Hilfspakete nicht herumkommen.