Tesla unter Druck, Rheinmetall rüstet auf & Bitcoin wartet: Die gespaltene Börsenwelt

Tesla unter Druck, Rheinmetall rüstet auf & Bitcoin wartet: Die gespaltene Börsenwelt
Liebe Leserinnen und Leser,
während sich die einen Anleger über Rekordstände beim DAX freuen, kämpfen andere mit herben Verlusten bei Tech-Werten und warten gespannt auf Signale aus dem Kryptomarkt. Heute zeigt sich die Börse von ihrer janusköpfigen Seite: Rüstungsaktien profitieren von Milliardenaufträgen, deutsche Autobauer überraschen mit E-Auto-Erfolgen, und gleichzeitig warnt die US-Verkehrsaufsicht vor Teslas Autopilot. Ein Tag der Gegensätze, der zeigt, wie unterschiedlich die Kräfte am Markt gerade ziehen.
Die Bundeswehr greift tief in die Tasche – Rheinmetall jubelt
Über 600 Skyranger-Flugabwehrpanzer für mehr als neun Milliarden Euro – was nach Science-Fiction klingt, könnte schon bald Realität werden. Die Bundesregierung plant offenbar eine der größten Einzelbestellungen der jüngeren Geschichte beim Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall. Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Drohnensichtungen über kritischer Infrastruktur haben die Alarmglocken schrillen lassen.
Interessant dabei: Während Rheinmetall parallel die Ukraine mit denselben Systemen beliefert und dort bereits einen dreistelligen Millionenauftrag verbucht, scheint Berlin nicht länger warten zu wollen. Die Produktion läuft auf Hochtouren – nicht nur in Deutschland, sondern auch bei Rheinmetall Italia in Rom. Die Aktie reagierte zunächst positiv, doch dann kam der Gaza-Waffenstillstand dazwischen. Ein klassisches Dilemma für Rüstungsinvestoren: Friedenshoffnung drückt die Kurse.
Doch die langfristige Perspektive bleibt intakt. Mit HENSOLDT und RENK profitiert die gesamte deutsche Rüstungsbranche vom Umdenken in der Verteidigungspolitik. Die Zeiten, in denen diese Aktien ein Schattendasein führten, sind definitiv vorbei.
VW überrascht mit E-Auto-Boom – aber China bleibt das Sorgenkind
Man muss schon zweimal hinschauen: Plus 77 Prozent bei E-Autos in Europa? Volkswagen liefert überraschend starke Zahlen und zeigt, dass der Konzern trotz aller Krisen noch lange nicht am Ende ist. Jeder fünfte verkaufte VW in Westeuropa ist mittlerweile ein reiner Stromer. Das ist bemerkenswert, besonders nach dem Förderstopp in Deutschland.
Aber – und das ist ein großes Aber – China schwächelt weiter. Minus sieben Prozent im Reich der Mitte schmerzen, denn dort entscheidet sich die Zukunft der Autoindustrie. Während Tesla-Chef Elon Musk mit seinem Robotaxi-Traum die Anleger bei Laune hält, kämpft VW mit harter Preiskonkurrenz chinesischer Anbieter. Die Wolfsburger setzen dagegen auf Masse: Die Bestellungen in Europa legen kräftig zu, die Nutzfahrzeugtochter TRATON schwächelt allerdings mit minus 16 Prozent.
Der Markt honoriert die gemischten Signale nur verhalten. Immerhin: Der "Bau-Turbo" der Bundesregierung und mehr Flexibilität beim Verbrenner-Aus geben der Branche etwas Planungssicherheit. Mercedes profitiert davon besonders und legt über drei Prozent zu – die Analysten sehen die Pkw-Marge besser als befürchtet.
Tesla im Visier der Behörden – der Autopilot fährt gegen die Wand
Ausgerechnet jetzt, wo Musk die Welt von autonomen Robotaxis träumen lässt, holt ihn die Realität ein. Die US-Verkehrsaufsicht untersucht 58 Zwischenfälle mit dem "Full Self Driving"-System. Teslas auf der Gegenspur, Fahrten über rote Ampeln – das klingt nicht nach der schönen neuen Mobilitätswelt.
Was bedeutet das für Anleger? Die kurzfristige Reaktion blieb mit minus 0,4 Prozent überschaubar, aber die langfristigen Implikationen wiegen schwerer. Wenn die Behörden Ernst machen, könnte Musks gesamte Zukunftsstrategie ins Wanken geraten. Die angebliche Kurszielanhebung von RBC auf 500 Dollar (Warnung: Diese Meldung enthält offenbar Fehler, RBC's tatsächliches Ziel liegt niedriger) zeigt, wie gespalten die Analystengemeinde ist.
Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen: Tesla bleibt ein Innovationstreiber, aber die regulatorischen Hürden werden höher. Deutsche Anleger sollten bedenken, dass auch hierzulande die Diskussion um autonomes Fahren gerade erst beginnt.
Tech-Sektor unter Druck – Zeit für Schnäppchenjäger?
AIXTRON verliert fast vier Prozent, Ferrari bricht um 14 Prozent ein, und selbst Schwergewichte wie Apple stehen unter Beobachtung der EU. Was ist los im Tech-Sektor? Die Antwort ist vielschichtig: Gewinnmitnahmen nach der Rally treffen auf neue regulatorische Herausforderungen.
Besonders bitter für AIXTRON: Warburg Research streicht die Kaufempfehlung und sieht ein "Übergangsjahr" ohne Erholung der Auftragslage. Die Sorge vor China-Exportbeschränkungen tut ihr Übriges. Dabei hatten positive TSMC-Zahlen zwischenzeitlich Hoffnung gemacht. Ein klassisches Beispiel dafür, wie schnell die Stimmung im Halbleitersektor kippen kann.
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Apropos Halbleiter: Während der Markt kurzfristig durchatmet, sehen erfahrene Tech-Anleger bereits die nächste Chance. Im kommenden Jahr könnte ein europäisches Chip-Unternehmen zur „neuen Nvidia“ werden – mit Rückenwind durch KI, geopolitische Trends und den US-Chip-Act. Wer sich tiefer mit diesem potenziellen Technologietreiber beschäftigen möchte, findet die vollständige Analyse hier: Mehr zur neuen Nvidia-Aktie lesen
Die EU nimmt derweil die Tech-Giganten ins Visier: Mangelhafter Kinderschutz bei YouTube, Snapchat und Apple steht im Raum. Die Behörden drohen mit Milliardenstrafen. Das Digital Services Act zeigt Zähne – sehr zum Unmut der Amerikaner. Für europäische Anleger ein zweischneidiges Schwert: Einerseits Rechtssicherheit, andererseits die Gefahr eines Tech-Handelskriegs.
Der Kryptomarkt hält die Luft an
Bitcoin pendelt träge um die 121.000-Dollar-Marke, während sich bei Krypto-Börsen einiges tut. CoinEx glänzt als Gold-Sponsor auf Blockchain-Events von Singapur bis Taipeh, der neue WAL-Token startet auf Binance durch. Doch die große Bewegung bleibt aus.
Warum diese Lethargie? Der Markt wartet auf klare Signale. Die Japan-Story mit der neuen Premierministerin sorgt für Yen-Schwäche, was traditionell Bitcoin stützt. Gleichzeitig dämpfen regulatorische Unsicherheiten und die Stärke des Dollars die Kauflaune. Ein typisches Patt, das sich früher oder später auflösen wird – die Frage ist nur, in welche Richtung.
Was die Woche lehrt
Selten war die Börse so gespalten wie heute. Während Rüstungsaktien von geopolitischen Spannungen profitieren und deutsche Autobauer mit E-Autos überraschen, kämpft der Tech-Sektor mit Gegenwind von allen Seiten. Der Spagat zwischen Wachstumshoffnung und Regulierungsrealität wird zur Geduldsprobe.
Für das Wochenende gilt: Augen auf die Berichtssaison, die kommende Woche mit den US-Banken startet. Die Frage wird sein, ob die Unternehmenszahlen die hohen Bewertungen rechtfertigen können. Und vergessen Sie nicht: Am Montag bleibt Tokio geschlossen, der US-Anleihehandel ruht wegen Columbus Day.
Zeit also, durchzuatmen und die Portfolio-Position zu überdenken. Denn eines zeigt der heutige Handelstag deutlich: Die Zeiten, in denen alle Aktien in dieselbe Richtung laufen, sind vorbei. Selektivität ist das Gebot der Stunde.
Genießen Sie das Wochenende und bleiben Sie wachsam,
Andreas Sommer