Liebe Leserinnen und Leser,

die Märkte zeigen sich heute von ihrer launischen Seite: Während US-Tech-Giganten wie Palantir zweistellig einbrechen und selbst Nvidia wackelt, feiert ausgerechnet China eine bemerkenswerte Renaissance. Xiaomi trumpft mit Rekordmargen im E-Auto-Geschäft auf, der Shanghai Composite erreicht Zehn-Jahres-Hochs – und mittendrin kämpfen deutsche Autobauer um ihre Zukunft. Was wie ein gewöhnlicher Mittwoch aussieht, könnte der Beginn einer größeren Rotation sein.

KI-Euphorie trifft auf harte Realität

Der gestrige Handelstag markierte womöglich einen Wendepunkt für die KI-Hausse. Palantir, noch vor einer Woche auf Allzeithoch, stürzte um über 9% ab – der fünfte Verlusttag in Folge. Selbst Marktliebling Nvidia geriet ins Wanken. Was war geschehen? OpenAI-Chef Sam Altman hatte am Wochenende ungewohnt offen über "unvermeidliche Blasen" im KI-Sektor gesprochen. Dazu gesellten sich Berichte über die bislang mageren Returns der milliardenschweren KI-Investitionen.

Die Nervosität hat System: Eine Reuters-Umfrage zeigt, dass 71% der Amerikaner fürchten, KI könnte sie dauerhaft arbeitslos machen. Diese Angst trifft auf eine Bewertungsrealität, die selbst hartgesottene Tech-Bullen schlucken lässt – Palantirs KGV liegt bei astronomischen 600. Kein Wunder, dass Hedgefonds wie Citron Research die Reißleine ziehen und von einem "Mini-Bubble-Status" sprechen.

Dabei liefert Palantir operativ weiter ab: Über eine Milliarde Dollar Umsatz im letzten Quartal, die KI-Plattform AIP erobert den Verteidigungssektor. Doch die Börse fragt sich: Rechtfertigen diese Zahlen wirklich eine Bewertung, die selbst für Cloud-Giganten extrem wäre?

Xiaomis stille Revolution erreicht Europa

Während im Silicon Valley die Luft raus ist, läuft in Peking der Motor auf Hochtouren. Xiaomi, eigentlich als Smartphone-Hersteller bekannt, überraschte mit einer Nachricht, die aufhorchen lässt: Die Bruttomarge im E-Auto-Geschäft soll im dritten Quartal auf 28% steigen. Zum Vergleich: Tesla kämpft derzeit mit sinkenden Margen unter Druck.

Der chinesische Tech-Gigant plant für 2027 den Europa-Einstieg mit seinem ersten E-Auto. "Das Geschäftsmodell, das wir in China entwickelt haben, lässt sich auch auf den europäischen Markt übertragen", erklärt Präsident Lu Weibing selbstbewusst. Der SUV YU7 sorgt bereits jetzt für Furore – die Nachfrage übersteigt die Produktionskapazitäten bei weitem.

Für deutsche Autobauer ist das eine doppelte Hiobsbotschaft: Nicht nur verlieren Mercedes und BMW in China dramatisch Marktanteile an lokale Konkurrenten. Jetzt drängen diese auch noch nach Europa – mit Technologie, die in manchen Bereichen überlegen scheint, und Preisen, die jeden Einkaufsleiter in Stuttgart nervös machen dürften.

BASF profitiert vom Chemie-Comeback

Inmitten der Tech-Turbulenzen zeigt ausgerechnet die oft gescholtene Old Economy Stärke. BASF durchbrach nach monatelanger Seitwärtsbewegung endlich den hartnäckigen Widerstand bei 46 Euro und kletterte auf 48 Euro – das höchste Niveau seit April. Der Chemiegigant profitiert von einer überraschenden Belebung der Nachfrage und ersten Anzeichen einer industriellen Erholung in Europa.

Die Rallye hat Substanz: Die erhöhten Rückstellungen für die PCB-Altlasten von 530 Millionen Euro im zweiten Quartal schaffen Klarheit und reduzieren künftige Risiken. Die Einigung mit über 200 Klägern in Seattle zeigt: Bayer ist nicht der einzige deutsche Konzern, der seine amerikanischen Rechtsprobleme allmählich in den Griff bekommt.

Rüstungsaktien im freien Fall

Als hätte jemand einen Schalter umgelegt: Rheinmetall, RENK und Hensoldt – gestern noch die Lieblinge der Börse – stürzten heute um jeweils über 3% ab. Der Auslöser? Hoffnungsschimmer vom Ukraine-Gipfel in Washington, wo plötzlich wieder von diplomatischen Lösungen die Rede war.

Die Reaktion zeigt die Fragilität der Rüstungsrally: Rheinmetall hatte sich seit Jahresbeginn mehr als verdoppelt, RENK legte ähnlich fulminant zu. Nun reicht ein Hauch von Frieden, um Milliarden an Börsenwert zu vernichten. Analysten sprechen von überfälligen Gewinnmitnahmen, doch die Geschwindigkeit des Ausverkaufs überrascht.

Dabei bleiben die Fundamentaldaten stark: Deutschland und andere NATO-Staaten haben ihre Verteidigungsetats langfristig erhöht, die Auftragsbücher sind voll. Doch die Börse handelt die Zukunft – und die sieht plötzlich weniger kriegerisch aus.

Der große Gewinner: China

Während westliche Märkte zwischen Hoffnung und Furcht schwanken, feiert Chinas Aktienmarkt ein bemerkenswertes Comeback. Der Shanghai Composite kletterte um 1% und markierte Zehn-Jahres-Hochs. Die People's Bank of China hielt zwar die Zinsen stabil, doch Investoren setzen auf massive fiskalische Stimuli.

Die Strategie geht auf: Chinesische Tech-Werte wie Xiaomi kombinieren Innovation mit Skalenvorteilen, die westliche Konkurrenten alt aussehen lassen. Gleichzeitig rotieren internationale Investoren aus überhitzten US-Tech-Aktien in unterbewertete China-Plays.

Für deutsche Anleger ergibt sich ein Dilemma: Die geopolitischen Risiken bleiben hoch, die Bewertungen locken jedoch. Wer vor einem Jahr bei Alibaba oder BYD einstieg, sitzt heute auf satten Gewinnen.

Was Jackson Hole für uns bedeutet

Alle Augen richten sich nun auf das Notenbanker-Treffen in Jackson Hole. Fed-Chef Jerome Powell spricht am Freitag – seine Worte könnten die Weichen für die zweite Jahreshälfte stellen. Die heute anstehenden Fed-Protokolle geben einen Vorgeschmack: Erstmals seit 1993 gab es bei der letzten Sitzung zwei Gegenstimmen. Die Uneinigkeit in der US-Notenbank wächst.

Für uns Europäer ist das durchaus relevant: Senkt die Fed die Zinsen schneller als die EZB, könnte der Euro weiter aufwerten – schlecht für Exporteure wie BASF oder Mercedes, gut für Importeure und Verbraucher. Die Unsicherheit erklärt auch die nervösen Reaktionen an den Tech-Börsen: Ohne klare Zinsperspektive fehlt die Orientierung.

Die kommenden Tage versprechen Spannung pur: Target, Lowe's und TJX melden heute Zahlen, morgen ist Zoom dran, und kommende Woche steht mit Nvidias Quartalsbericht das absolute Highlight an. Nach dem gestrigen Tech-Beben dürfte jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden. Die Frage ist nicht ob, sondern wie stark die Märkte reagieren werden. Eines scheint sicher: Die Zeit der einfachen Gewinne mit KI-Aktien ist vorerst vorbei – jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen.

Bleiben Sie wachsam und denken Sie daran: Manchmal sind die besten Chancen dort, wo niemand hinschaut. China könnte so ein Ort sein.

Mit analytischen Grüßen
Andreas Sommer

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