Tesla, Palantir & Bitcoin: Wenn selbst Traumzahlen nicht mehr reichen

Liebe Leserinnen und Leser,

manchmal verraten die Kurse mehr über den Markt als jede Quartalsbilanz. Palantir liefert gestern Abend Rekordgewinne ab, übertrifft zum 21. Mal in Folge die Analystenerwartungen – und verliert trotzdem über sechs Prozent. Bitcoin rutscht unter 105.000 Dollar, obwohl keine fundamentalen Gründe dagegensprechen. Und während Waymo seine Robotaxi-Flotte auf ein Dutzend US-Städte ausweitet, kämpft Tesla noch immer mit Sicherheitsfahrern im Beifahrersitz. Willkommen in einem Markt, der nervös wird – nicht wegen schlechter Nachrichten, sondern weil die guten längst eingepreist sind.

Palantir: Wenn Perfektion zur Belastung wird

Die Zahlen hätten kaum besser ausfallen können: 1,18 Milliarden Dollar Umsatz im dritten Quartal, ein Plus von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gewinn je Aktie klettert auf 21 Cent – Analysten hatten nur 17 Cent erwartet. Und das Unternehmen hebt die Jahresprognose erneut an. Eigentlich ein Grund zum Feiern.

Doch die Aktie stürzt nachbörslich ab. Der Grund? Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von fast 500 und ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 85 – selbst im hitzigen Tech-Sektor astronomisch. „Zahlen hervorragend, Bewertung extrem", bringt es Jefferies-Analyst Brent Hill auf den Punkt. Palantir ist längst mehr als ein Software-Unternehmen – es ist zur Wette auf die KI-Zukunft geworden. Und wenn selbst Rekordquartale die Erwartungen nicht mehr toppen können, wird es eng.

Interessant dabei: Das operative Geschäft läuft besser denn je. Besonders das Regierungssegment zieht an, die Verkäufe steigen um 52 Prozent. Verträge mit dem IRS und dem State Department im Wert von 500 Millionen Dollar zeigen, wie eng Palantir mittlerweile mit der Trump-Administration verwoben ist. Doch genau diese Abhängigkeit macht Anleger nervös.

Waymo vs. Tesla: Der Vorsprung wird größer

Während Palantir mit zu hohen Erwartungen kämpft, offenbart sich im Robotaxi-Markt eine andere Geschichte: die vom Vorsprung, der nicht mehr aufzuholen ist. Waymo, die Google-Schwester, kündigt für 2026 den Start in San Diego, Las Vegas und Detroit an. Zusammen mit den bestehenden Märkten wird das Unternehmen dann in einem Dutzend US-Städte aktiv sein – mit über 250.000 fahrerlosen Fahrten pro Woche.

Tesla dagegen? Fährt in Austin noch immer mit Sicherheitsperson im Beifahrersitz. Elon Musk verspricht zwar, bis Jahresende auf die Begleitperson verzichten zu können und den Dienst in acht bis zehn Städten zu starten. Doch zwischen Musks Ankündigungen und der Realität klafft traditionell eine Lücke.

Der technologische Unterschied ist erheblich: Waymo setzt auf teure Laser-Radare, die die Umgebung präzise abtasten. Tesla verlässt sich ausschließlich auf Kameras – günstiger, aber riskanter. Musks Ansatz hätte einen offensichtlichen Kostenvorteil, wenn er funktioniert. Doch das „wenn" wird größer, je länger Tesla hinterherhinkt. Und die Frage nach dem Kundenvertrauen bleibt: Würden Sie in ein Robotaxi steigen, das nur mit Kameras navigiert?

Anzeige
Apropos Technologie und Wettbewerbsvorsprung: Während Tesla und Waymo um die Mobilität der Zukunft ringen, läuft im Hintergrund ein anderer Wettlauf – der um die Vormachtstellung im Chip-Sektor. Der sogenannte „Chip-Krieg“ zwischen den USA und China könnte der entscheidende Treiber für den nächsten großen Technologietrend werden. Im aktuellen Spezialreport von Bernd Wünsche erfahren Sie, welches europäische Unternehmen von diesem Megatrend besonders profitiert. Hier können Sie den Report „Die neue Nvidia“ abrufen.

Rheinmetall: Litauen als Sprungbrett

Fernab der Tech-Euphorie läuft bei Rheinmetall das Geschäft mit altmodischer deutscher Ingenieurskunst: Munition, Panzer, Artillerie. In Litauen hat der Düsseldorfer Rüstungskonzern jetzt offiziell mit dem Bau einer neuen Munitionsfabrik begonnen. Produktionsstart ist für die zweite Jahreshälfte 2026 geplant, vollständig betriebsbereit soll die Anlage Anfang 2027 sein.

Die Investition ist Teil einer größeren Strategie: Rheinmetall baut seine Produktionskapazitäten in Europa massiv aus, um von der anhaltend hohen Nachfrage zu profitieren. Analysten sehen Kursziele von bis zu 2.300 Euro – aktuell notiert die Aktie bei rund 1.800 Euro. Schon jetzt laufen Gespräche über ein weiteres Investitionsprojekt in Litauen, bestätigt der Sicherheitsberater des litauischen Präsidenten.

Kein Wunder: Die geopolitische Lage bleibt angespannt. Die Ukraine nimmt weiterhin russische Ölanlagen ins Visier, zuletzt traf ein Drohnenangriff ein petrochemisches Werk in Baschkirien. Solange der Krieg andauert, bleibt die Nachfrage nach Rüstungsgütern hoch – und Rheinmetall profitiert.

Bitcoin: Hack erschüttert das Vertrauen

Während Aktien mit Bewertungsfragen kämpfen, hat Bitcoin ein ganz anderes Problem: Vertrauen. Am Sonntag wurde die Ethereum-basierte DeFi-Plattform Balancer gehackt, was Panikverkäufe im gesamten Kryptomarkt auslöste. Ether fiel zeitweise um neun Prozent unter 3.500 Dollar, Bitcoin rutschte unter 105.000 Dollar.

Die Reaktion zeigt, wie fragil das Vertrauen im Kryptomarkt bleibt. Ein einzelner Hack – und schon brechen die Kurse ein. Dabei sind die Fundamentaldaten eigentlich intakt: Die Akzeptanz wächst, institutionelle Investoren steigen ein, und die Regulierung nimmt Formen an. Doch solange Sicherheitslücken in DeFi-Protokollen immer wieder ausgenutzt werden, bleibt Bitcoin anfällig für plötzliche Einbrüche.

Auch andere Kryptowährungen leiden: XRP verliert 5,6 Prozent, Solana fast neun Prozent. Der Gesamtmarkt ist tief im Minus, und die Stimmung bleibt angespannt. Für Anleger bedeutet das: Volatilität ist zurück – und wer jetzt einsteigt, braucht starke Nerven.

Die Nervosität steigt – zu Recht

Was verbindet Palantir, Tesla, Rheinmetall und Bitcoin? Sie alle stehen exemplarisch für einen Markt, der an einem Wendepunkt steht. Palantir zeigt, dass selbst perfekte Zahlen nicht mehr ausreichen, wenn die Bewertungen zu hoch sind. Tesla offenbart, dass Versprechen irgendwann eingelöst werden müssen – sonst übernimmt die Konkurrenz. Rheinmetall profitiert von einer Welt, die unsicherer wird. Und Bitcoin erinnert daran, dass Vertrauen schneller zerstört als aufgebaut wird.

In den kommenden Tagen stehen weitere wichtige Daten an: Am Mittwoch veröffentlicht ADP seinen Bericht zum privaten Arbeitsmarkt, am Freitag folgt die Verbraucherstimmung der Universität Michigan. Und die Fed? Die diskutiert weiter über den Zinspfad – während der Government Shutdown die Datenlage weiter vernebelt. Eines ist sicher: Langweilig wird es nicht.

Bis morgen – und bleiben Sie wachsam!

Andreas Sommer