Tesla, Novo Nordisk & KI-Giganten: Wenn Milliarden-Wetten auf die Probe gestellt werden
Tesla, Novo Nordisk & KI-Giganten: Wenn Milliarden-Wetten auf die Probe gestellt werden
Liebe Leserinnen und Leser,
manchmal zeigt sich an den Märkten ein paradoxes Bild: Während die einen Milliarden in die Zukunft pumpen, kämpfen andere ums Überleben ihrer Gegenwart. Diese Woche offenbart genau diese Kluft – zwischen Tech-Konzernen, die ihre KI-Budgets ins Astronomische schrauben, und Pharmariesen, die an kritischen Kursmarken um ihr Comeback ringen. Dazwischen: Krypto-Märkte, die ihre größte Liquidationswelle seit Jahren verdauen, und Quantencomputer-Aktien, die mit vierstelligen Kursgewinnen für Kopfschütteln sorgen. Was verbindet diese Geschichten? Die Frage, ob gigantische Investitionen und Bewertungen noch gerechtfertigt sind – oder ob wir gerade Zeugen werden, wie Blasen sich aufpumpen.
KI-Kapitalschlacht: Wenn eine halbe Billion nicht mehr reicht
Die Zahlen klingen wie aus einem Science-Fiction-Roman: UBS rechnet damit, dass die globalen Investitionen in KI-Infrastruktur 2026 die Marke von 571 Milliarden Dollar knacken werden. Bank of America sieht die Ausgaben der Hyperscaler allein in diesem Jahr um 67 Prozent steigen. Google erhöht sein Kapitalbudget auf 92 Milliarden, Meta plant für 2026 rund 100 Milliarden ein, und Amazons Rechenzentrumskapazität soll sich bis 2027 verdoppeln.
Der Deal der Woche illustriert die Dimensionen: OpenAI sicherte sich bei Amazon Web Services Rechenleistung im Volumen von 38 Milliarden Dollar über sieben Jahre. Zum Vergleich – das entspricht mehr als dem Bruttoinlandsprodukt mancher EU-Staaten. Microsoft kaufte für 9,7 Milliarden Dollar Rechenkapazität beim australischen Betreiber IREN. Die Botschaft ist klar: Wer im KI-Rennen mithalten will, muss bereit sein, Summen zu mobilisieren, die noch vor wenigen Jahren undenkbar schienen.
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Doch genau hier lauert das Risiko. Die Capex-Intensität der großen Tech-Konzerne nähert sich 30 Prozent vom Umsatz – etwa das Dreifache historischer Normen. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt des 5G-Ausbaus verschlangen die Telekommunikationsriesen rund 70 Prozent ihres operativen Cashflows. Die KI-Infrastruktur bewegt sich in ähnliche Regionen. Analysten sprechen bereits von einem "Wettrüsten", bei dem es nicht mehr nur um Wettbewerbsvorteile geht, sondern ums schiere Überleben. Wer zurückfällt, riskiert Irrelevanz.
OpenAI: Der Schlüssel zum System – oder sein größtes Risiko?
Hier wird es brenzlig: OpenAI gilt als Schrittmacher für den gesamten KI-Boom. Doch ein simples Rechenbeispiel zeigt die Schieflage. Das Unternehmen wird 2025 voraussichtlich rund 13 Milliarden Dollar Umsatz erzielen – hat sich aber bereits verpflichtet, bis 2030 fast 1,5 Billionen Dollar für Rechenleistung, Chips und Rechenzentren auszugeben. Diese gigantische Kapitalbindung macht OpenAI zur zentralen Stellschraube im System.
Was passiert, wenn OpenAI langsamer wächst als erwartet? Wenn die Skalierung der KI-Modelle ins Stocken gerät? Dann könnte der Nachfragesog abrupt nachlassen, Zahlungen ausbleiben, Gewinne schrumpfen. Die Kette funktioniert monokausal – und genau das macht sie verwundbar. Für Anleger, die auf Hardware-Zulieferer wie Nvidia oder AMD setzen, bedeutet das: Die Abhängigkeit von einem dominanten Player wie OpenAI erfordert eine kritische Perspektive.
Hinzu kommt der explodierende Kreditmarkt: Allein in diesem Jahr wurden über 200 Milliarden Dollar an Anleihen zur Finanzierung von Rechenzentren begeben – ein Viertel des gesamten US-Kreditmarkts. Meta platzierte zuletzt 30 Milliarden Dollar bei einer Nachfrage von 125 Milliarden. Oracle nahm im September 18 Milliarden auf. Die Dimensionen sprengen zunehmend die internen Finanzierungsmöglichkeiten der Konzerne. Das schafft Hebel – aber auch neue Risiken, falls die erwarteten KI-Erträge langsamer eintreffen.
Novo Nordisk: An der Klippe
Während die Tech-Welt in die Zukunft investiert, kämpft Novo Nordisk um seine Gegenwart. Die Aktie des dänischen Pharmakonzerns hat seit Jahresbeginn über 60 Prozent verloren und testet nun eine kritische Marke bei 38 Euro. Hält diese Unterstützung, winkt theoretisch eine Erholung bis 60 Euro. Bricht sie, drohen Kurse um 20 Euro – ein Absturz, der selbst hartgesottene Anleger nervös macht.
Die Zahlen des dritten Quartals waren ein Reinfall. Der Umsatz legte nur marginal zu, der Gewinn brach um 27 Prozent ein – belastet durch Umbaukosten von 9 Milliarden Kronen. Fast jeder neunte Job wird gestrichen. Zum vierten Mal in diesem Jahr musste das Management die Prognose senken. Beim Umsatz werden jetzt nur noch 8 bis 11 Prozent Wachstum erwartet, zuvor waren es bis zu 14 Prozent. Beim Gewinn wurde die obere Spanne auf 7 Prozent gekappt.
Der Grund für die Misere: Die Kassenschlager Wegovy und Ozempic gegen Diabetes und Übergewicht laufen nicht mehr rund. Der Wettbewerb wird härter, billige Nachahmer drängen auf den Markt. Obendrein hat Trump persönlich die Preise gedrückt. Anfang November verkündete er einen Deal: Ozempic und Wegovy sollen künftig für 245 US-Dollar pro Monat an staatliche Programme gehen – vorher waren es bis zu 1.350 Dollar. Verbraucher bekommen die Medikamente sogar für 149 Dollar. Das ist ein brutaler Preisschnitt.
Dafür gibt es keine neuen Zölle und schnellere FDA-Zulassungen. Die Börse reagierte verhalten. Niedrigere Preise bedeuten weniger Gewinn pro Dosis, auch wenn sich mehr Menschen die Medikamente leisten können. Die Analysten sind gespalten: J.P. Morgan und Bernstein bleiben optimistisch, UBS ist skeptischer, Jefferies rät sogar vom Kauf ab.
Charttechnisch steht die Aktie am Abgrund. Nach dem Allzeithoch im Juni 2024 ging es steil bergab – über 70 Prozent Verlust bis zum Tief im August. Beide wichtigen gleitenden Durchschnitte (200er und 50er) notieren oberhalb des Kurses, der RSI liegt bei 31 und damit kurz vor der Überverkauftzone. Das könnte einen kurzfristigen Rebound befeuern, aber der intakte Abwärtstrend bleibt dominant. Für langfristige Anleger wird es erst interessant, wenn sich ein stabiler Boden bildet. Bis dahin gilt: Watchlist statt Kauforder.
Krypto-Crash: Die größte Liquidationswelle der Geschichte
Während Aktien kämpfen, erlebten Krypto-Märkte im Oktober ihre bislang heftigste Erschütterung. Am 10. Oktober lösten US-Drohungen mit dreistelligen Zöllen gegen China und verschärfte Software-Exportkontrollen eine Panikwelle aus. Mehr als 19 Milliarden Dollar an gehebelten Positionen wurden innerhalb von 24 Stunden liquidiert – neunmal so viel wie im Februar, 19-mal mehr als 2020.
Bitcoin rutschte erstmals seit 2018 in einen monatlichen Verlust, obwohl die Aktienindizes auf KI-Euphorie kletterten. Diese Woche fiel Bitcoin kurzzeitig unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 Dollar und erreichte den schwächsten Stand seit Mitte Juni. Über 20 Prozent unter dem Allzeithoch von 126.186 Dollar – damit ist Bitcoin offiziell im Bärenmarkt.
Analysten von Citi identifizieren ein beunruhigendes Muster: Die Zahl der Bitcoin-"Wale" – große Halter – nimmt ab, während kleinere Retail-Wallets wachsen. "Einige langjährige Großinvestoren sind offenbar zu Verkäufern geworden", heißt es in einer aktuellen Note. Sinkende Funding-Raten deuten zudem auf reduzierte Nachfrage nach Hebelprodukten hin.
Technisch sieht es düster aus: Bitcoin notiert unter seinem 200-Tage-Durchschnitt, was die Nachfrage zusätzlich dämpft. Für eine Trendwende braucht es mehr als nur Hoffnung – die Spot-ETF-Zuflüsse werden zum entscheidenden Gradmesser. Solange institutionelles Kapital zögert, bleibt die Erholung fragil.
Quantencomputer-Hype: 1.900 Prozent Rally ohne Umsätze
Während Bitcoin strauchelt, erleben Quantencomputer-Aktien einen irrationalen Höhenflug. Rigetti Computing und D-Wave Quantum legten in zwölf Monaten um mehr als 1.900 Prozent zu – und das, obwohl beide Unternehmen kaum Umsätze erzielen und massiv Kapital verbrennen.
Hier zeigt sich die Kehrseite spekulativer Märkte: Anleger wetten auf eine Technologie, die noch Jahre von der kommerziellen Reife entfernt ist. Die Parallelen zur Dotcom-Blase sind unübersehbar. Damals wie heute: astronomische Bewertungen für Unternehmen ohne nachhaltige Geschäftsmodelle. Wer hier einsteigt, sollte sich bewusst sein, dass er nicht investiert, sondern spekuliert – und zwar mit hohem Totalverlustrisiko.
Evotec & Tesla: Unterschiedliche Probleme, ähnliche Fragen
Evotec, einst Liebling deutscher Anleger, kämpft nach schwachen Quartalszahlen und dem Verkauf der Toulouse-Anlagen an Sandoz um Vertrauen. Seit dem abrupten Abgang von CEO Dr. Lanthaler kommen aus Hamburg kaum noch positive Nachrichten. Die Aktie testet ihre Tiefs – nur noch etwas für Überzeugungstäter.
Tesla steht vor anderen Herausforderungen: Während CEO Elon Musk auf Zukunftswetten wie Robotaxis setzt, warten Anleger auf konkrete neue Fahrzeugmodelle. Die neuen Standardversionen von Model 3 und Model Y sind bereits im Markt, aber ein echter Blockbuster wie der lang ersehnte "Model 2" für rund 25.000 Dollar lässt auf sich warten. Stattdessen konzentriert sich Tesla auf autonome Fahrfunktionen und das Cybercab, dessen Serienproduktion ab dem zweiten Quartal 2026 geplant ist.
Die Frage bleibt: Reichen diese Schritte, um die Nachfrage anzukurbeln und die Aktie wieder zu beflügeln? Oder verzettelt sich Tesla in zu vielen Projekten gleichzeitig?
Was diese Woche zählt
Die kommenden Tage bringen wichtige Konjunkturdaten aus Deutschland und den USA, die Aufschluss über die wirtschaftliche Verfassung geben. Der DAX schwächelt und kämpft um die Marke von 23.500 Punkten – ein temporärer Rücksetzer darunter mahnt zur Vorsicht. In den USA wird der Fokus auf Inflationsdaten und Einzelhandelsumsätzen liegen.
Bei den Einzelwerten bleibt spannend, ob Novo Nordisk die kritische 38-Euro-Marke halten kann und ob die KI-Ausgaben der Tech-Riesen tatsächlich in entsprechende Umsätze münden. Für Krypto-Anleger gilt: Solange Bitcoin unter seinem 200-Tage-Durchschnitt notiert, bleibt die Lage angespannt.
Eine Erkenntnis kristallisiert sich heraus: Ob KI-Infrastruktur, Pharma-Blockbuster oder Krypto-Assets – überall prallen gigantische Investitionen und hohe Erwartungen auf die Realität. Die nächsten Monate werden zeigen, wer recht behält: die Optimisten, die auf exponentielle Renditen setzen, oder die Skeptiker, die vor Überinvestitionszyklen warnen.
Bleiben Sie wachsam und diversifiziert,
Andreas Sommer








