Liebe Leserinnen und Leser,

stellen Sie sich vor, Sie hätten gestern Abend die Depots der größten Investmentgesellschaften durchleuchten können – legal, versteht sich. Genau das ist dank der SEC-Offenlegungspflicht möglich: Starinvestor Jeremy Grantham hat seine Karten für das dritte Quartal 2025 auf den Tisch gelegt, und die Verschiebungen sind aufschlussreich. Während die einen auf die üblichen Tech-Giganten setzen, kämpfen andere Konzerne wie Lufthansa mit ganz irdischen Problemen – und zeigen, wie unterschiedlich die Spielfelder an den Märkten gerade sind. Dazu gesellt sich Tesla, wo ein Analyst mit einem gewagten Kursziel für Aufsehen sorgt, das mehr auf Zukunftsversprechen als auf aktuelle Verkaufszahlen setzt.

Granthams Milliarden-Portfolio: Microsoft bleibt Trumpf, Tech dominiert

35,46 Milliarden US-Dollar – so viel Kapital verwaltet die Investmentgesellschaft GMO von Jeremy Grantham zum 30. September 2025. Die Pflichtveröffentlichung via 13F-Formular gibt Einblick in eine klare Strategie: Tech first, aber mit Nuancen. Microsoft thront unangefochten auf Platz eins mit 4,96 Millionen Aktien im Wert von 2,57 Milliarden Dollar – 7,24 Prozent des Gesamtportfolios. Grantham stockte hier sogar um knapp 100.000 Aktien auf.

Dahinter folgt Alphabet (Platz 2, 4,81 Prozent), wobei hier interessanterweise 839.000 Aktien verkauft wurden – offenbar Gewinnmitnahmen. Meta rutschte trotz Aufstockung auf Platz 3 ab (4,71 Prozent), während Apple sich auf Rang 4 verbesserte (4,40 Prozent). Was auffällt: Die Magnificent Seven dominieren, aber Grantham diversifiziert geschickt in Halbleiter (Lam Research, Broadcom) und Healthcare (Johnson & Johnson, Abbott Laboratories, Thermo Fisher Scientific). Oracle verlor dagegen deutlich an Gewicht – über 1,5 Millionen Aktien wurden abgestoßen, die Position rutschte von Platz 4 auf 7.

Die Botschaft? Selbst Starinvestoren setzen auf die etablierten Tech-Riesen, streuen aber gezielt in defensive Sektoren. Für deutsche Anleger heißt das: Die US-Megacaps bleiben das Fundament vieler institutioneller Portfolios – doch die Rotation in Gesundheitswerte und Chipausrüster zeigt, wo smarte Investoren Wachstum bei vertretbarem Risiko suchen.

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Tesla-Aktie: 508 Dollar dank Robotaxis? Analyst träumt groß

Stephen Gengaro von Stifel hat sein Kursziel für Tesla von 483 auf 508 US-Dollar angehoben – das wären über 25 Prozent Potenzial vom aktuellen Niveau um 427 Dollar. Sein "Sum-of-the-Parts"-Modell klingt ambitioniert: 134 Dollar entfallen aufs klassische Autogeschäft, aber satte 186 Dollar auf die Full Self-Driving-Software (FSD) und weitere 158 Dollar auf das noch nicht existierende Robotaxi-Geschäft. Selbst der humanoide Roboter Optimus wird mit 29 Dollar pro Aktie eingepreist.

Die Crux? Gengaro setzt massiv auf Technologie, die heute noch nicht profitabel ist. Zwar lobt er FSD Version 14 und verweist auf Teslas Plan, bis Ende 2025 Robotaxis in acht bis zehn US-Metropolen anzubieten – doch aktuell fahren diese nur mit Sicherheitsfahrer. Die ersten autonomen Fahrten ohne Aufsicht sollen noch 2025 in Austin starten, aber das Geschäftsmodell bleibt Zukunftsmusik.

Zum Vergleich: UBS sieht Tesla bei nur 247 Dollar, JPMorgan gar bei 150 Dollar – der Analystenkonsens liegt bei 383 Dollar. Die Kluft zeigt, wie gespalten die Experten sind. Während Gengaro auf die KI-Revolution setzt, warnen andere vor schwachen Auslieferungszahlen und hartem Wettbewerb im E-Auto-Markt. Für Anleger bedeutet das: Tesla bleibt eine Wette auf Elon Musks Visionen – wer an autonomes Fahren glaubt, findet hier Fantasie. Wer Zahlen sehen will, muss sich gedulden.

Lufthansa: Wenn Staatshilfe zur Rettung wird

Manchmal sind es nicht die großen Strategien, sondern politische Entscheidungen, die Unternehmen Luft verschaffen. Die Lufthansa profitiert vom Entlastungspaket der Bundesregierung, das die Branche um rund 350 Millionen Euro entlastet – und streicht deshalb im Sommer keine weiteren innerdeutschen Strecken. Routen wie München-Münster bleiben erhalten, auch Dresden, Bremen und Hannover sehen gut aus. Airline-Chef Jens Ritter mahnte dennoch an, der Anstieg bei Flugsicherungs- und Passagierkontrollgebühren müsse gestoppt werden.

Die Lufthansa-Kernmarke steckt mitten im "Turnaround"-Programm und ist laut Ritter "auf dem Weg in die schwarzen Zahlen". Die Pünktlichkeit sei so hoch wie seit zehn Jahren nicht, neue Flugzeuge treffen endlich ein. Ab Februar 2026 erhalten sogar die eigentlich ausgemusterten A380 neue Kabinen – Teil der "Allegris"-Offensive, mit der Lufthansa zur "Premium-Airline Nummer Eins in Europa" werden will.

Für Anleger bleibt Lufthansa ein Sanierungsfall mit Licht am Horizont. Die Aktie legte am Freitag um 0,44 Prozent auf 8,21 Euro zu – bescheiden, aber immerhin positiv. Die deutsche Airline zeigt: Ohne staatliche Unterstützung wäre die Lage prekärer. Wer hier investiert, setzt auf eine langsame Erholung und hofft, dass die Kostenbelastungen nicht erneut eskalieren.

Was deutsche Anleger jetzt wissen sollten

Die Märkte senden gemischte Signale: Institutionelle Investoren wie Grantham halten an Tech-Giganten fest, diversifizieren aber klug. Tesla polarisiert zwischen Visionären und Skeptikern – die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen. Und Lufthansa zeigt, dass selbst etablierte Konzerne auf politischen Rückenwind angewiesen sind, um zu überleben.

Nächste Woche dürfte spannend werden: Am Sonntag trifft sich die OPEC+, um über Fördermengen zu entscheiden – Ölpreise könnten reagieren. Zudem stehen in Japan JGB-Auktionen an (Dienstag: 10-jährige, Donnerstag: 30-jährige Anleihen), die als Stimmungstest für die Zinspolitik der Bank of Japan gelten. Und nicht zuletzt blicken alle auf mögliche Friedensgespräche zwischen den USA und Russland – Rüstungsaktien wie Rheinmetall zeigten sich zuletzt volatil.

Bleiben Sie wachsam, diversifiziert – und realistisch bei Zukunftswetten.

Herzliche Grüße und ein entspanntes Wochenende
Andreas Sommer