Telegram vollzieht Kehrtwende bei Datenschutz-Politik
Messaging-Riese knickt unter Druck ein. Nach der Verhaftung von CEO Pavel Durov schnürt Telegram ein komplettes Maßnahmen-Paket: Künftig werden IP-Adressen und Telefonnummern an Behörden weitergegeben.
Die Veränderungen markieren den größten Strategiewechsel in der Geschichte der Plattform mit fast einer Milliarde Nutzern. Telegram kündigte diese Woche an, bei gültigem Gerichtsbeschluss Nutzerdaten an Ermittlungsbehörden herauszugeben – ein radikaler Bruch mit der bisherigen Linie.
Bislang teilte das Unternehmen Informationen fast ausschließlich bei Terrorismus-Verdacht. "Notwendig, um Kriminelle zu stoppen", begründen Telegram-Manager den Kurswechsel. Die neuen Regeln sollen die Plattform vor Missbrauch schützen.
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KI übernimmt Content-Moderation
Telegram setzt erstmals auf automatisierte Überwachung. Künstliche Intelligenz durchforstet ab sofort Suchergebnisse nach illegalen oder schädlichen Inhalten. Das System soll Desinformation eindämmen, ohne die Verschlüsselung privater Chats anzutasten.
Zusätzlich führt die Plattform ein neues Verifizierungs-System ein. Vertrauenswürdige Organisationen und Aufsichtsbehörden können Konten authentifizieren – erkennbar an einem speziellen Logo statt dem üblichen blauen Haken. Die Maßnahme zielt darauf ab, Betrug und Identitätsdiebstahl zu reduzieren.
Verschlüsselung wird ausgebaut
Trotz der Lockerungen beim Datenschutz erweitert Telegram seine End-zu-End-Verschlüsselung. Seit dieser Woche sind Gruppengespräche mit bis zu 200 Teilnehmern vollständig verschlüsselt – inklusive Bildschirmfreigabe. Die Technologie basiert auf einem Blockchain-inspirierten System.
Sicherheitsexperten betonen jedoch weiterhin den Unterschied zwischen den Chat-Modi: "Geheime Chats" bieten maximale Privatsphäre, synchronisieren aber nicht zwischen Geräten. Die beliebteren "Cloud-Chats" werden nur zwischen Nutzer und Server verschlüsselt – Telegram besitzt die Schlüssel.
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Plattform übersteht Belastungstests
Telegrams Infrastruktur hat sich als außergewöhnlich robust erwiesen. Bei großangelegten DDoS-Attacken blieben Nutzerdaten stets geschützt, auch wenn die Verbindung zeitweise unterbrochen war.
Besonders eindrucksvoll: Als Facebook und WhatsApp komplett ausfielen, gewann Telegram 70 Millionen neue Nutzer an einem einzigen Tag. Diese Skalierungsfähigkeit unterscheidet die Plattform von Konkurrenten.
Kriminelle in Aufruhr
Die Kehrtwende löst gemischte Reaktionen aus. Während Sicherheitsbehörden die Schritte begrüßen, warnen Datenschützer vor Missbrauch durch autoritäre Regime.
In der Cybercrime-Szene herrscht Alarmstimmung. Prominente Gruppen kündigen öffentlich ihren Abschied an. Experten beobachten jedoch noch keine Massenflucht – die enorme Reichweite der Plattform wiegt schwerer als die neuen Risiken.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob Telegram die Balance zwischen Sicherheit und Privatsphäre halten kann. Die nächsten Transparenzberichte dürften besondere Aufmerksamkeit erhalten – sie werden erstmals Auskunft über das Ausmaß der Datenweitergabe geben.