Die Verhaftung von Telegram-CEO Pavel Durov Ende 2024 hat die Datenschutz-Landschaft der beliebten Messaging-App grundlegend verändert. Während Nutzer weiterhin über ausgeklügelte Tools zur Kontrolle ihrer Sichtbarkeit verfügen, zeigen neue Transparenzberichte eine dramatische Wende: 2024 erfüllte Telegram 900 US-Behördenanfragen und gab Daten von über 2.250 Nutzern weiter – ein gewaltiger Sprung von nur 14 Anfragen im Vorjahr.

Diese Entwicklung macht die Beherrschung der "Zuletzt gesehen"-Einstellungen wichtiger denn je. Denn während die Plattform bei größeren Ermittlungen kooperiert, haben Nutzer bei der alltäglichen Sichtbarkeit nach wie vor die volle Kontrolle.

Drei Stufen der digitalen Sichtbarkeit

Telegrams "Zuletzt gesehen & Online"-Feature basiert auf einem simplen Gegenseitigkeitsprinzip. In den Privatsphäre-Einstellungen stehen drei Grundoptionen zur Wahl: "Jeder", "Meine Kontakte" und "Niemand".

Die Krux dabei: Wer selbst unsichtbar bleibt, kann auch keine exakten Online-Zeiten anderer einsehen. Diese faire Herangehensweise fördert gegenseitigen Respekt der Privatsphäre. Statt genauer Uhrzeiten zeigt Telegram dann vage Annäherungen wie "kürzlich gesehen" – genug Information für die Einschätzung der Erreichbarkeit, aber ohne präzise Überwachung zu ermöglichen.

Chirurgische Präzision durch Ausnahme-Listen

Was Telegram von anderen Plattformen unterscheidet: die hochflexiblen Ausnahme-Funktionen. Nutzer können für jede Grundeinstellung spezifische Personen zur "Immer teilen mit"- oder "Nie teilen mit"-Liste hinzufügen.

Praktisches Beispiel: Grundeinstellung auf "Niemand" für maximale Privatsphäre, aber der Partner und enge Familie stehen auf der Ausnahme-Liste für vollständige Transparenz. Oder umgekehrt: "Meine Kontakte" als Standard, aber der Chef landet auf der Sperrliste.

Diese Granularität erstreckt sich auch auf Gruppenchats, wobei sich die Einstellungen automatisch anpassen, wenn Mitglieder beitreten oder die Gruppe verlassen. So entstehen maßgeschneiderte Sichtbarkeits-Profile für jeden Lebensbereich.

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Die Geheimnisse der Telegram-Zeitangaben

Wenn Nutzer ihre genaue Online-Zeit verbergen, ersetzt Telegram diese durch bewusst vage Status-Angaben. Diese zu verstehen, hilft bei der Einschätzung der Kontakt-Verfügbarkeit:

"Kürzlich gesehen" bedeutet: aktiv zwischen vor einer Sekunde und vor drei Tagen. "Innerhalb einer Woche gesehen" umfasst drei bis sieben Tage. "Innerhalb eines Monats" erstreckt sich von einer Woche bis zu einem Monat. "Vor langer Zeit gesehen" signalisiert Inaktivität von über einem Monat – oder eine Blockierung.

Das Privatsphäre-Paradox der neuen Ära

Hier liegt die Ironie der aktuellen Situation: Nutzer genießen mikroskopische Kontrolle über ihre soziale Sichtbarkeit, während die Plattform makroskopisch mit Behörden kooperiert. Nach Durovs Verhaftung erweiterte Telegram seine Datenherausgabe-Politik erheblich.

Waren früher nur Terrorismus-Fälle betroffen, gibt das Unternehmen nun bei "gültigen Gerichtsbeschlüssen" zu verschiedenen Straftaten IP-Adressen und Telefonnummern weiter. Diese Entwicklung verdeutlicht die Spannungen zwischen Privatsphäre-orientierten Plattformen und zunehmendem Regulierungsdruck.

Ausblick: Balance zwischen Kontrolle und Compliance

Telegram navigiert weiterhin zwischen Nutzerkontrolle und behördlichen Anforderungen. Die nutzerorientierten Privatsphäre-Features bleiben Kernbestandteil der Plattform-Identität, doch die jüngsten Richtlinien-Änderungen zeigen: Absolute Privatsphäre wird zunehmend komplexer.

Anfang 2025 führte Telegram zusätzlich ein Verifizierungssystem für Drittanbieter-Konten ein – ein weiteres Zeichen für den Fokus auf Plattform-Sicherheit. Der nächste Transparenzbericht im April wird zeigen, wie weit die Kooperation mit Behörden weltweit reicht.

Für Nutzer bleibt die Botschaft klar: Die mächtigen Sichtbarkeits-Tools optimal nutzen, aber dabei im Hinterkopf behalten, dass absolute Anonymität auf großen Plattformen zur Illusion wird.