Techno-Korrekturen und Norwegens Lachskrieg

Liebe Leserinnen und Leser,
während sich die Tech-Giganten an der Wall Street eine Atempause gönnen und norwegischer Lachs plötzlich zum geopolitischen Spielball wird, zeigt sich wieder einmal: Die Märkte tanzen momentan nach einer besonders dissonanten Melodie. Was gestern noch als sicherer Hafen galt, wird heute über Bord geworfen – und umgekehrt.
Die KI-Blase bekommt erste Risse
Der Nasdaq verlor gestern 1,5 Prozent, während der Dow Jones ein neues Rekordhoch erreichte. Diese gespaltene Persönlichkeit der US-Börsen ist mehr als nur eine technische Korrektur – sie offenbart fundamentale Zweifel an der Billion-Dollar-Wette auf künstliche Intelligenz.
Sam Altman, der OpenAI-Chef höchstpersönlich, sprach letzte Woche von "unvermeidlichen Blasen" im Sektor. Wenn selbst die Hohepriester der KI-Revolution zur Vorsicht mahnen, sollten Anleger hellhörig werden. Die Nervosität ist greifbar: Eine Reuters-Umfrage zeigt, dass 71 Prozent der Amerikaner fürchten, KI könnte sie dauerhaft arbeitslos machen.
Besonders pikant: Die US-Regierung liebäugelt damit, sich direkt bei Intel und anderen Chip-Giganten einzukaufen – im Tausch gegen Subventionen aus dem CHIPS Act. Washington will offenbar nicht nur regulieren, sondern mitspielen. Bei Intel sprechen wir über zehn Prozent Staatsanteil. Das ist keine Industriepolitik mehr, das ist Staatskapitalismus durch die Hintertür.
Für europäische Tech-Investoren bedeutet das: Die Spielregeln ändern sich fundamental. Wenn die USA ihre Chip-Industrie quasi verstaatlichen, während Europa noch über digitale Souveränität philosophiert, entstehen neue Ungleichgewichte.
Norwegens teure Fische und Amerikas Strafzölle
Hier müssen wir eine wichtige Korrektur vornehmen: Nicht Norwegen plant 15-Prozent-Zölle auf Fischexporte, sondern die USA haben diese Strafzölle auf norwegische Importe verhängt – seit August sind sie in Kraft. Ein kleiner, aber feiner Unterschied mit großen Konsequenzen.
Die norwegischen Lachsexporteure Mowi und Lerøy Seafood bekommen das bereits schmerzhaft zu spüren. Mowi meldete für Q2 einen EBIT-Rückgang von 18 Prozent auf 188,5 Millionen Euro. Bei Lerøy brach der Gewinn sogar um 86 Prozent ein. Der durchschnittliche Lachspreis stürzte von 101,7 auf 71,8 Norwegische Kronen pro Kilo ab.
Die Ironie dabei: Während Trump norwegischen Lachs verteuert, essen die Amerikaner mehr denn je zu Hause. Unsere Daten zeigen: Supermarktbesuche in den USA stiegen um 1,3 Prozent, Restaurantbesuche fielen um 0,4 Prozent. Die Inflation treibt die Menschen vom Sterne-Restaurant in die heimische Küche. Ahold Delhaize, der niederländische Einzelhandelsriese, bewirbt bereits "2,50-Dollar-Mahlzeiten für die ganze Familie".
Diamondback Energy: Wenn Zahlen zu schön klingen
Auch hier eine notwendige Richtigstellung: Die kolportierten 300 Millionen Dollar Steuereinsparungen für 2025 lassen sich in den aktuellen Unterlagen nicht finden. Die tatsächlichen Q2-Zahlen zeigen ein gemischtes Bild: Der Gewinn pro Aktie verfehlte mit 2,67 Dollar die Erwartungen (2,86 Dollar erwartet), während der Umsatz mit 3,68 Milliarden die Prognosen übertraf.
Raymond James senkte dennoch das Kursziel von 221 auf 212 Dollar – behält aber die Kaufempfehlung bei. Die Analysten sehen die um drei Prozent reduzierten Investitionsausgaben positiv. Bei einem KGV von 9,8 und einer Dividendenrendite von 2,88 Prozent bleibt die Aktie für Value-Investoren interessant.
Indonesiens Überraschungscoup und Chinas Aktienrally
Während alle auf die Fed schauen, prescht Indonesiens Notenbank vor: 25 Basispunkte Zinssenkung auf 5,0 Prozent – die fünfte Senkung seit September. Nur fünf von 29 Analysten hatten damit gerechnet. Jakarta sendet ein klares Signal: Wachstum vor Inflationsbekämpfung.
Noch bemerkenswerter: Chinas Shanghai-Index kletterte auf ein Zehnjahreshoch. Ja, Sie haben richtig gelesen. Während sich der Westen vor der Tech-Korrektur fürchtet, rotieren chinesische Anleger munter ihre Portfolios und hoffen auf mehr Stimulus aus Peking.
Der britische Sonderweg: Inflation bei 3,8 Prozent
Großbritannien bleibt das Sorgenkind unter den G7-Staaten. Die Inflation stieg im Juli auf 3,8 Prozent – der höchste Wert seit 18 Monaten. Zum Vergleich: In der Eurozone und den USA liegt sie bei etwa 2,5 Prozent. Die Bank of England sitzt in der Zwickmühle: Zinsen senken, um die Wirtschaft zu stützen, oder hoch halten, um die Inflation zu bekämpfen?
Ausblick: Fed-Protokoll als Stimmungsbarometer
Heute Nachmittag werden die Protokolle der letzten Fed-Sitzung veröffentlicht. Die Märkte erwarten Hinweise auf interne Meinungsverschiedenheiten – erstmals seit 1993 gab es zwei Gegenstimmen bei einer Entscheidung. Fed-Gouverneure Waller und Bowman wollen niedrigere Zinsen, Powell zögert wegen Trumps Zollpolitik.
Am Freitag dann der Höhepunkt: Powells Rede in Jackson Hole. Die Märkte preisen zu 80 Prozent eine Zinssenkung im September ein. Aber wie wir diese Woche gesehen haben: Zwischen Erwartung und Realität klafft momentan eine gefährlich große Lücke.
Die kommenden Tage versprechen spannend zu werden. Target meldet heute Zahlen – der Einzelhändler importiert 50 Prozent seiner Waren und ist damit doppelt so exponiert gegenüber Zöllen wie Walmart. Und Elon Musk? Der legt angeblich seine Pläne für eine eigene Partei auf Eis. Tesla-Aktionäre dürften aufatmen.
Bleiben Sie kritisch, bleiben Sie neugierig – und vergessen Sie nicht: In Zeiten wie diesen ist Cash keine schlechte Position.
Herzlichst,
Eduard Altmann
P.S.: Wenn selbst norwegischer Lachs zum Politikum wird und die US-Regierung Chip-Aktien kaufen will, dann wissen Sie: Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten. Die alte Regel "Der Staat ist der schlechteste Unternehmer" wird gerade neu geschrieben.
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