Student*innen-Report 2025: Österreichs Studierende zwischen KI-Euphorie, Zukunftssorgen und Wertewandel

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Künstliche Intelligenz: 70 Prozent der Studierenden fühlen sich durch KI unterstützt, nur 14% bedroht. Dennoch sorgt sich mehr als jede*r Zweite zumindest teilweise wegen KI um die berufliche Zukunft. · Job & Karriere: Nur knapp über die Hälfte glaubt, dass sich Leistung in der heutigen Arbeitswelt bezahlt macht (54%). Bei der Jobwahl zählen vor allem Arbeitsklima (54%), Gehalt (53%) und Work-Life-Balance (52%). Bevorzugte Arbeitgeber sind öffentliche bzw. staatsnahe Unternehmen (55%). · Politik: 44 Prozent sind unzufrieden mit der politischen Landschaft. Jede*r Zweite fühlt sich in seiner Lebensrealität nicht wahrgenommen. 26 Prozent misstrauen der politischen Medienberichterstattung. · Freizeit: 63 Prozent gehen seltener aus. Outdoor-Aktivitäten (53%), private Treffen (49%) und Restaurantbesuche (44%) haben an Bedeutung gewonnen, während Clubbesuche für zwei Drittel und Barbesuche für fast jeden Zweiten (46%) zur Ausnahme geworden sind. 40 Prozent trinken kaum oder keinen Alkohol. Rund 60 Prozent der Konsumenten haben ihren Konsum zeitweise reduziert oder pausiert.
Zwischen KI-Euphorie und Zukunftssorgen
Künstliche Intelligenz ist längst im studentischen Alltag angekommen: Die große Mehrheit der Studierenden (95%) nutzt bereits KI, allen voran ChatGPT (95%). Vor allem männliche Studenten bedienen sich gerne regelmäßig der künstlichen Intelligenz im Unialltag (mehrmals pro Woche oder
häufiger: m: 69%, w: 58%). Kein Wunder, dass neun von zehn Studierenden KI positiv bis neutral gegenüberstehen. Knapp 70 Prozent fühlen sich durch KI unterstützt statt bedroht. Gleichzeitig ist mehr als jede*r Zweite (54%) zumindest teilweise um die eigene berufliche Zukunft aufgrund des zunehmenden Einsatzes von KI in der Arbeitswelt besorgt. Rund zwei von fünf Studierenden rechnen damit, dass KI in den kommenden Jahren Arbeitsplätze zunichtemachen wird. Einig sind sich die Studierenden, dass KI eine größere Rolle im Lehrplan spielen muss. 88 Prozent fordern mehr Fokus auf KI-Kompetenzen in der Hochschulausbildung.
Karriere: Arbeitsklima schlägt Gehalt
Nur etwas mehr als die Hälfte der Studierenden (54%) glaubt, dass sich Leistung in der heutigen Arbeitswelt bezahlt macht. Dennoch blicken die meisten optimistisch in die Zukunft. 70 Prozent schätzen ihre beruflichen Chancen sehr oder eher gut ein. Gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet fühlen sich allerdings nur 45 Prozent. Bei der Jobwahl zählt für die jungen Berufseinsteiger*innen allem voran ein gutes Arbeitsklima (54%), insbesondere für die weiblichen Befragten (m: 43%, w: 60%). Erst danach rangieren das Gehalt (53%) und eine ausgewogene Work-Life-Balance (52%). Öffentliche bzw. staatsnahe Arbeitgeber (55%) liegen auf der Wunschliste klar vorne, gefolgt von Unternehmen mit Nachhaltigkeitsfokus (38%) und multinationalen Konzernen (36%).
«Österreichs Studierende bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Technologie-Euphorie und Zukunftssorgen.», kommentiert Markus Müller, Gründer von edustore, educom und Media in Progress, die Ergebnisse des Student*innen-Reports 2025. «Doch sie blicken optimistisch nach vorne, verfolgen klare Werte und wünschen sich eine Arbeitswelt, die mehr ist als nur Gehalt und Karriere, sondern auch Raum für Menschlichkeit lässt.»
Politikverdrossen, aber nicht demokratiemüde
Österreichs Studierende fühlen sich von der Politik weitgehend übergangen. Nur 13 Prozent sind mit der politischen Landschaft zufrieden, 44 Prozent dezidiert unzufrieden. Jede*r Zweite fühlt sich von den Parteien in der eigenen Lebensrealität nicht wahrgenommen. Dazu kommt das Gefühl politischer Wirkungslosigkeit. Weniger als die Hälfte der Studierenden (47%) glaubt, mit der eigenen Stimme bei Wahlen etwas bewegen zu können.
Dennoch ist der Glaube an die Demokratie ungebrochen. 86 Prozent halten die Demokratie für das beste System und knapp zwei Drittel (63%) wünschen sich sogar mehr direkte Demokratie. Beim Staatsverständnis zeigt sich Pragmatismus. 68 Prozent bevorzugen einen moderaten und nur 27 Prozent einen stark regulierenden Staat. Skepsis herrscht gegenüber den Medien hierzulande. Nur 42 Prozent vertrauen der politischen Berichterstattung, mehr als jede*r Vierte misstraut ihr offen (26%).
Clubsterben und Sober Curiosity
Freizeit und Lifestyle österreichischer Studierender haben sich spürbar gewandelt. Während früher Clubkultur und Partynächte dominierten, zieht es heute viele ins Private. 63 Prozent gehen derzeit seltener aus, 80 Prozent haben ihre Freizeitgewohnheiten geändert. Statt Club- und Ausgehszene dominieren heute Outdoor-Aktivitäten (deutlich/etwas mehr als in den letzten Jahren: 53%), private
Treffen zu Hause (49%) und Restaurant- bzw. Lokalbesuche um auswärts zu essen (44%). Für 64 Prozent sind Clubbesuche zur Ausnahme geworden (deutlich/etwas weniger als in den letzten Jahren: 64%), 46 Prozent gehen seltener in Bars und Pubs. Auch das Kino gehört zu den Verlierern (46%).
Gleichzeitig setzen ein bewussterer Lifestyle und „Sober Curiosity“ neue Trends. 40 Prozent der Studierenden trinken kaum oder keinen Alkohol. Unter denjenigen, die Alkohol trinken, haben rund 60 Prozent ihren Konsum bereits zeitweise bewusst reduziert oder ganz pausiert. Entsprechend hoch ist die Nachfrage nach Alternativen. 72 Prozent der Studierenden wünschen sich mehr alkoholfreie Angebote beim Ausgehen.
Marketagent-Founder Thomas Schwabl fasst die Studienergebnisse zusammen: «Wir erleben eine Generation Studierender, die radikal alte Muster hinter sich lässt. Sie stellt Karriereleitbilder in Frage, zeigt Distanz zu Politik und Medien und definiert ihren Lebensstil neu. Die Studie offenbart einen Wertewandel junger Menschen, dessen Einfluss auf die Arbeitswelt und Freizeitkultur bereits spürbar ist.»