Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Google-Abwahnwelle / Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt trat Fall aufgrund der Schadenshöhe an WKStA ab - Anwalt von Betroffenen geht von mehr als 26.000 verschickten Abmahnbriefen aus
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen jenen Rechtsanwalt, der österreichweit tausende Abmahnbriefe an Webseitenbetreiber verschickt hat, um wegen eines Datenschutzverstoßes Geld zu verlangen. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat den Fall aufgrund der hohen Schadenshöhe nun an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) abgetreten. Ein Sprecher der WKStA bestätigte auf APA-Anfrage den Erhalt des Akts. Erster Schritt sei nun, sich in diesen einzuarbeiten.
Die Rechtsanwaltskanzlei Harlander, die über 400 Betroffene, die ein solches Abmahnschreiben erhalten haben, vertritt, erklärte, die Gesamtforderung müsse mehr als 5 Mio. Euro betragen, da es sonst zu keiner Abtretung des Falls an die WKStA gekommen wäre. Die WKStA ist für besonders schwere Fälle von Wirtschaftskriminalität zuständig.
Anwalt Peter Harlander geht davon aus, dass zumindest 26.315 Abmahnbriefe verschickt worden sein müssen. Das ergebe sich aus der Forderungshöhe von 190 Euro je Schreiben. Ermittelt wird wegen gewerbsmäßiger Erpressung und schwerem gewerbsmäßigen Betrug. Auf diese Delikte steht im Fall einer Verurteilung eine Freiheitsstraße von einem bis zu zehn Jahren.
Wie Harlander erklärte, ist die Kriminalpolizei durch einen abgemahnten Steirer dem Ausmaß der Abmahnwelle auf die Spur gekommen. Ein Mandant aus Gleisdorf habe einen Hinweis auf eine Wiener Druckerei geliefert, die mit dem Versand der Briefe beauftragt war, so Harlander. Die in der Druckerei sichergestellten Informationen zur Zahl der versendeten Briefe hätten dann eine Berechnung der Gesamthöhe der an die Adressaten der Briefe gestellten Forderungen ermöglicht.
Der niederösterreichische Rechtsanwalt Marcus Hohenecker hatte vergangenes Jahr massenhaft Abmahnschreiben an Webseitenbetreiber verschickt, die Google Fonts, also von Google bereitgestellte Schriftarten, verwendet haben. Eine Mandantin von Hohenecker sah laut ihrem Anwalt darin einen Kontrollverlust über ihre Daten und machte einen Gefühlsschaden geltend.
"Die in den Schreiben aufgestellte Behauptung, dass die Mandantin einerseits alle Websites eigenhändig angesurft hat und dass diese dabei aufgrund der Verwendung von Google Fonts ein Unwohlsein empfunden hat, wirkt aufgrund dieser Zahlen unrealistisch", sagte Harlander.
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