Die ältere Generation ist online – aber kann sie das Internet wirklich nutzen? Neue Studien aus Deutschland und der Schweiz zeigen eine überraschende Entwicklung: Fast 90 Prozent der über 65-Jährigen sind mittlerweile im Netz unterwegs. Doch hinter dieser beeindruckenden Zahl verbirgt sich ein Problem, das Politik und Gesellschaft zum Handeln zwingt.

Die Digitalisierung im Alter ist weiter fortgeschritten als oft angenommen. Studien wie "Digital Seniors 2025" von Pro Senectute Schweiz und die deutsche SIM-Studie belegen: Die ältere Generation nutzt das Internet rege. Bei den über 80-Jährigen ist die Nutzung sprunghaft angestiegen.

Doch die bloße Online-Präsenz ist nur die halbe Wahrheit. Die Fähigkeit, digitale Werkzeuge sicher zu nutzen, hängt stark von Alter, Bildung und Einkommen ab. Diese wachsende Kompetenzlücke wird zur zentralen Herausforderung und rückt lokale Unterstützungsangebote in den Fokus.

Online ja, kompetent nein

Die neuesten Erhebungen zeichnen ein detailliertes Bild der digitalen Spaltung. Laut der Schweizer Studie mit über 1.455 Befragten nutzen neun von zehn Senioren das Internet. Erstmals informieren sich mehr ältere Menschen über digitale Geräte (33 Prozent) als über das Fernsehen (30 Prozent).

Die deutsche SIM-Studie zeigt ähnliche Trends: 87 Prozent der über 60-Jährigen sind online. Besonders bemerkenswert ist die Smartphone-Verbreitung: 83 Prozent der über 60-Jährigen besitzen ein solches Gerät.

Doch die Daten warnen vor voreiligen Schlüssen. Während jüngere Senioren zwischen 65 und 74 Jahren oft über solide Grundkenntnisse verfügen, fällt die Kompetenz bei den über 85-Jährigen deutlich ab. "Wir sind überrascht über das Tempo dieses Umschwungs", kommentiert Peter Burri Follath von Pro Senectute Schweiz die veränderten Mediengewohnheiten.

Deutschland reagiert mit DigitalPakt Alter

Als direkte Reaktion intensivieren staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure den Ausbau niedrigschwelliger Hilfsstrukturen. In Deutschland steht der "DigitalPakt Alter" im Zentrum – eine Initiative des Bundesfamilienministeriums und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen.

Das Ziel ist ambitioniert: Bis Ende 2025 sollen bundesweit 300 "Erfahrungsorte" entstehen. Diese lokalen Anlaufstellen begleiten Senioren vom ersten Smartphone-Kontakt bis zur sicheren Nutzung von Online-Diensten.

Die Angebote reichen von wöchentlichen Smartphone-Sprechstunden in Stadtteiltreffs bis zu strukturierten Kursen in Mehrgenerationenhäusern. Oft sind es ehrenamtliche Medien- und Techniklotsen, die geduldig individuelle Fragen beantworten. Die Nachfrage ist enorm: Wie installiere ich eine Nahverkehrs-App? Wie funktioniert ein Videoanruf mit den Enkeln? Wie erkenne ich Phishing-Mails?
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Von Digitalen Engeln bis zu Peer-Projekten

Die Landschaft der Hilfsangebote wird zunehmend kreativer. Der "Digitale Engel" fährt mit einem Infomobil durch ländliche Regionen. Baden-Württemberg schult im "Senioren-Medienmentoren-Programm" erfahrene ältere Menschen, damit sie ihr Wissen an Gleichaltrige weitergeben.

Diese Peer-to-Peer-Formate erweisen sich als besonders erfolgreich, da sie Hemmschwellen senken. In Sachsen haben sich im Projekt "Gemeinsam Digital" bereits über 130 Technikbotschafter qualifiziert, die in Digital-Cafés ihr Wissen teilen.

Die Programme zeigen: Es braucht nicht die eine Lösung für alle. Stattdessen ist ein Mix aus individueller Beratung, Gruppenkursen und frei zugänglichen Treffpunkten erforderlich.

Der neue digitale Graben heißt Kompetenz

Die Entwicklungen markieren eine wichtige Verschiebung. Ging es lange um den Zugang zu Geräten und Internet, steht heute die Befähigung im Vordergrund. Gesellschaftliche Teilhabe ist zunehmend an digitale Fähigkeiten gekoppelt – beim Online-Banking, bei Arztterminen oder digitalen Verwaltungsdiensten.

Wer hier den Anschluss verliert, riskiert soziale Exklusion. Im europäischen Vergleich zeigt sich die Schweiz bei der Internetnutzung Älterer im Spitzenfeld. Deutschland holt mit dem DigitalPakt Alter auf und setzt auf kommunale Verankerung.

Dauerhafte Strukturen statt Einmalkurse

Die Zukunft der digitalen Unterstützung liegt in permanenten, leicht zugänglichen lokalen Strukturen. Experten sind sich einig: Einmalige Kurse reichen nicht. Vielmehr braucht es dauerhafte Anlaufstellen für neue Fragen und technologische Entwicklungen.

"Eine zunehmend individuelle Unterstützung beim Erlernen neuer Anwendungen ist zentral", betont Alain Huber, Direktor von Pro Senectute Schweiz. Die Politik ist gefordert, diese Strukturen finanziell abzusichern und bürgerschaftliches Engagement zu stärken.

Die digitale Transformation ist ein fortlaufender Prozess. Die aktuellen Initiativen sind ein entscheidender Schritt, um sicherzustellen, dass die ältere Generation die digitale Welt aktiv und selbstbestimmt mitgestalten kann.