Seifriedsberger beendet Karriere - Nordische Kombination vor dem Aus

Jacqueline Seifriedsberger hängt die Sprungskier an den Nagel. Die 34-jährige Oberösterreicherin beendet ihre Karriere nach 13 Weltcup-Saisonen überraschend. Gleichzeitig droht der Nordischen Kombination das olympische Aus - eine doppelte Hiobsbotschaft für den österreichischen Wintersport.
"Bereits in den letzten Jahren hat es mich extrem viel Überwindung gekostet, weit zu springen und sauber zu landen", erklärt Seifriedsberger ihren sofortigen Rücktritt. Die Pionierin des Damen-Skispringens merkte in der Olympia-Vorbereitung, nicht mehr hundert Prozent geben zu können. Ihre schweren Stürze am vergangenen Wochenende in Predazzo bestärkten den Entschluss.
Die dreifache Weltcupsiegerin war bei der WM-Premiere der Damen 2009 dabei und erlebte die Geburtsstunde des Weltcups 2011/12 mit. In 228 Weltcup-Starts sammelte sie sieben WM-Medaillen. "Wenn Mut und Vertrauen an der Schanze fehlen, dann ist man auch nicht erfolgreich", begründet sie den Karriere-Stopp.
Traditionsreiche Disziplin bangt um Olympic-Status
Während sich das Skisprung-Team von einer Leistungsträgerin verabschiedet, kämpft die Nordische Kombination ums nackte Überleben bei Olympia. Das IOC könnte die Disziplin 2030 aus dem Programm streichen - nach 106 Jahren ununterbrochener Präsenz seit den ersten Winterspielen 1924.
Die Entscheidung wurde nach den Spielen 2026 in Mailand und Cortina verschoben. Hauptkritikpunkte: fehlende Geschlechtergleichheit und mangelnde Internationalität. 2026 wird die Kombination die einzige Sportart ohne Frauenwettbewerb sein. Die Medaillen teilen meist nur Norwegen, Deutschland und Österreich unter sich auf.
"Entweder die Kombiniererinnen kommen bei Olympia 2030 rein - oder die Nordische Kombination ist ganz draußen", warnt FIS-Direktorin Sandra Spitz. Eine klare Ansage, die den Ernst der Lage unterstreicht.
Kampfansage statt Resignation
ÖSV-Direktor Mario Stecher befürchtet eine "Absage der Nordischen Kombination auf Raten". Er kritisiert die fehlende Lobby innerhalb der FIS scharf. Auch international formiert sich Widerstand: Der deutsche Skispringer Karl Geiger nennt die Überlegungen eine "bodenlose Frechheit".
Die Athleten stehen unter doppeltem Druck. Sie müssen nicht nur Höchstleistungen erbringen, sondern als Botschafter für ihre Disziplin auftreten. Jeder Wettkampf wird zur Mission: Das IOC von der Berechtigung der traditionsreichen Sportart überzeugen.
Bewährungsprobe bis 2026
Für die FIS beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Sie muss dem IOC überzeugende Zahlen zur Entwicklung der Sportart vorlegen - besonders zur wachsenden Frauenbeteiligung und globalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Olympischen Spiele 2026 werden zur entscheidenden Bewährungsprobe.
Florian Liegl, Sportlicher Leiter für Skisprung und Nordische Kombination, würdigt Seifriedsberger als prägende Figur des österreichischen Damenskispringens. Ihr Rücktritt schwächt das ÖSV-Team vor der Olympia-Saison empfindlich.
Die finale IOC-Entscheidung fällt kurz nach den Spielen in Mailand und Cortina. Bis dahin schwebt das Damoklesschwert über einer der traditionsreichsten olympischen Disziplinen - mit ungewissem Ausgang für Österreichs Wintersport-Zukunft.