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210 Euro – an dieser Marke scheitert die SAP-Aktie seit Wochen. Heute könnte ein neuer Anlauf gelingen, denn JPMorgan sieht trotz gesenktem Kursziel ein starkes viertes Quartal voraus. Gleichzeitig meldet Salesforce nach US-Börsenschluss überraschend robuste Zahlen und hebt die Prognose an, während Meta sich gleich an zwei Fronten verteidigen muss: gegen die EU-Kommission und gegen den Vorwurf, KI-Anbieter systematisch von WhatsApp auszusperren. Drei Software-Giganten, drei unterschiedliche Herausforderungen – und ein gemeinsames Thema: Wie viel Wachstum steckt wirklich noch in der Cloud?

SAP: Der Silberstreif hinter der Wolke

"Jede Cloud hat auch ihren Silberstreif" – mit diesem Wortspiel begründet JPMorgan-Analyst Toby Ogg seine Zuversicht für SAP. Zwar senkte die US-Bank das Kursziel von 310 auf 290 Euro, bekräftigte aber gleichzeitig das "Overweight"-Rating und verpasste der Aktie den begehrten Stempel "Positive Catalyst Watch". Die Botschaft: 2025 war hart für Europas Softwarebranche, die von KI-bedingten Verwerfungen erfasst wurde. Doch für 2026 rechnet Ogg mit einer Wachstumsbeschleunigung und attraktiven Gewinnsteigerungen bei SAP.

Schon der bevorstehende Jahresbericht dürfte positiv überraschen. Der Analyst erwartet ein starkes viertes Quartal und robuste Jahresziele – genau das, was die Aktie braucht, um endlich die hartnäckige 210-Euro-Marke zu durchbrechen. Am Donnerstagvormittag legte das Papier im XETRA-Handel um 1,7 Prozent auf 210 Euro zu. Anleger positionieren sich offenbar schon jetzt für den erhofften Befreiungsschlag.

Salesforce: KI-Agenten als Umsatztreiber

Während SAP noch auf den Beweis warten lässt, liefert Salesforce bereits. Der US-Konkurrent übertraf im dritten Quartal die Gewinnerwartungen und hob die Umsatzprognose für das Gesamtjahr auf 41,45 bis 41,55 Milliarden Dollar an – mehr als Analysten erwartet hatten. Verantwortlich dafür: die KI-Plattform Agentforce, die vor allem bei Großkunden durchstartet. CEO Marc Benioff spricht von "explosivem" Wachstum: Die wiederkehrenden Umsätze aus KI-Produkten kletterten um 114 Prozent auf knapp 1,4 Milliarden Dollar.

Jefferies-Analyst Brent Thill sieht darin Signale für ein "Erwachen der Macht" – in Anlehnung an Star Wars. Die Bewertung der Aktie spiegele die aufstrebende Stärke noch nicht wider, so Thill. Auch Barclays-Analyst Raimo Lenschow betont, dass die Skepsis der Investoren gegenüber dem Wachstumskurs eine Kaufgelegenheit schaffe. Im vorbörslichen US-Handel legte Salesforce um 1,8 Prozent auf 243 Dollar zu. Die Zahlen dürften auch SAP Rückenwind geben: Wenn Cloud und KI bei Salesforce funktionieren, spricht das für die gesamte Branche.

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Meta: Doppelter Ärger aus Brüssel

Doch nicht alle Tech-Riesen profitieren von KI-Euphorie. Meta steht unter Druck: Die EU-Kommission eröffnete ein neues Wettbewerbsverfahren, weil der Facebook-Konzern KI-Anbietern den Zugang zu WhatsApp rechtswidrig beschränken könnte. Konkret geht es um Metas Ankündigung vom Oktober, KI-Dienste von der Business-API auszuschließen, wenn KI der primäre Service ist. Support-Chatbots bleiben erlaubt – reine KI-Assistenten nicht.

EU-Kommissarin Teresa Ribera warnt: "Wir müssen sicherstellen, dass europäische Bürger und Unternehmen in vollem Umfang von dieser technologischen Revolution profitieren können." Sollte sich der Verdacht bestätigen, drohen Meta empfindliche Strafen. Parallel laufen bereits Verfahren wegen mangelnder Datentransparenz und unzureichendem Jugendschutz. Meta-Chef Mark Zuckerberg hatte die EU-Digitalgesetze als "institutionalisierte Zensur" kritisiert – eine Haltung, die in Brüssel nicht gut ankommt.

Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: Meta holt sich mit Alan Dye einen hochkarätigen Designer von Apple. Dye, der zuletzt das umstrittene "Liquid Glass"-Design der Apple-Betriebssysteme verantwortete, soll nun an KI-Geräten für Meta arbeiten. Zusammen mit Designer Billy Sorrentino wechselt er zu Metas Hardware-Sparte, die auf KI-Brillen setzt. Die Botschaft: Meta will in der Ära der KI-Geräte gegen Jony Ive antreten, der für OpenAI an ähnlichen Projekten arbeitet.

Siemens Energy: Vom Sorgenkind zum Hoffnungsträger

Einen bemerkenswerten Stimmungswandel gibt es bei Siemens Energy. JPMorgan stufte die Aktie von "Neutral" auf "Overweight" hoch und hob das Kursziel von 120 auf 160 Euro an – bei einem aktuellen Kurs von rund 117 Euro ein Potenzial von fast 37 Prozent. Analyst Phil Buller schwärmt: Das Gewinnwachstum bis Ende der Dekade lasse den Rest der europäischen Investitionsgüterbranche "blass aussehen". Siemens Energy sei eine "kraftvolle Free-Cashflow-Maschine".

Die Aktie legte im XETRA-Handel um 2,7 Prozent zu und steht nun auf der "Analyst Focus List" von JPMorgan – eine Auszeichnung, die nur den besten Anlageideen vorbehalten ist. Nach Jahren der Krise scheint der Energietechnikkonzern endlich den Turnaround zu schaffen.

Was das für deutsche Anleger bedeutet

Die heutigen Nachrichten zeigen: Software und Cloud bleiben Wachstumstreiber, doch die Bewertungen sind anspruchsvoll und regulatorische Risiken nehmen zu. SAP profitiert von positiven Analystenstimmen, muss aber im Jahresbericht liefern. Salesforce beweist, dass KI-Produkte tatsächlich Umsätze generieren können – eine wichtige Bestätigung für den gesamten Sektor. Meta dagegen kämpft mit der EU und zeigt, dass Marktmacht auch zur Belastung werden kann.

Für die kommenden Tage stehen wichtige Termine an: SAP wird voraussichtlich Mitte Januar den Jahresbericht vorlegen, Meta muss sich auf weitere Untersuchungen einstellen, und Salesforce dürfte mit seinen Zahlen die Erwartungen an die Cloud-Konkurrenz weiter hochschrauben.

Bis morgen – und bleiben Sie informiert!

Andreas Sommer