FRANKFURT (dpa-AFX) - Der jüngste Stabilisierungsversuch des deutschen Aktienmarktes hat am Mittwoch einen Dämpfer bekommen. Nach drei freundlichen Tagen sackte der Dax zeitweise um fast 2,5 Prozent ab und stand erstmals seit März wieder unter 13 000 Punkten. Im Sog der US-Börsen konnte der Leitindex sein Minus aber deutlich reduzieren. Aus dem Handel ging er 1,11 Prozent tiefer mit 13 144,28 Punkten. Der MDax fiel um 0,97 Prozent auf 27 246,16 Zähler.

So drehten die anfangs noch schwachen US-Börsen unter Schwankungen moderat ins Plus. Kritisch beäugt wurden dabei Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell, der in einer Rede vor dem Bankenausschuss des Senats zunächst kein Öl ins Feuer goss mit Blick auf derzeit herrschende Konjunktursorgen. Er betonte, die US-Wirtschaft sei stark genug für Zinserhöhungen und bezeichnete die von den Märkten eingepreiste Zinsschritte als angemessen.

Experten zufolge bleibt die Verunsicherung an den Finanzmärkten angesichts der Inflations- und Konjunkturbedenken aber hoch, auch wenn die Dax-Marke von 13 000 Punkten vorerst verteidigt wurde. "Auf mehr als ein paar hundert Punkte Plus können Anleger derzeit nicht ernsthaft wetten", betonten die Charttechnik-Experten von Index-Radar. Die negativen Rahmenbedingungen hätten weiterhin unverändert Gültigkeit.

"Argumente für eine Erholung fänden sich momentan nur, wenn der Markt so extrem überverkauft wäre, dass sich eine Bärenmarktrally geradezu aufdrängt", ergänzten die Experten von Index-Radar. Doch weder aus technischer noch aus fundamentaler Sicht sei dies aktuell der Fall. Ein weiterer Rückschlag an die Tiefs vom Spätherbst 2020 sei kein unwahrscheinliches Szenario.

Ihrer Rolle als relativ defensive Anlagen wurden Werte wie Eon , Beiersdorf und die Deutsche Telekom als positive Ausnahmen im Dax gerecht. Sie verbuchten Anstiege zwischen 1,3 und 1,7 Prozent. Das andere Dax-Ende gehörte den zyklischen Unternehmen aus den Auto- und Chemiesektoren.

BASF wurde zum Schlusslicht mit minus 5,8 Prozent. Laut Vorstandschef Martin Brudermüller muss sich der Chemiekonzern nach einem guten ersten Halbjahr auf schwierigere Zeiten einstellen, wie er während einer Branchenveranstaltung sagte. Die Richtung im Sektor bestimmte auch ein Kurseinbruch um mehr als 13 Prozent bei Umicore. Die Belgier kündigten massive Investitionen angekündigt.

Ein düsterer Tag war es auch für die Anleger von Stahlwerten wegen einer negativen Branchenstudie der US-Bank JPMorgan. Preise und Profitabilität seien deutlich gesunken, die Lagerbestände in Europa und China recht hoch und die Wirtschaftsaussichten mau, hieß es vom Experten Luke Nelson. Salzgitter sieht er wegen der Abhängigkeit von der Autobranche besonders kritisch, die Papiere sackten um elf Prozent ab. Ein von dem deutschen Stahlkonzern erhöhter Ausblick konnte dem nur zeitweise entgegenwirken.

Neben der Salzgitter-Abstufung auf "Underweight" senkte Nelson seine Einschätzungen für einige weitere europäische Stahlkonzerne - und so erstreckten sich die herben Verluste branchenweit. Die von ihm nicht direkt beurteilten Papiere von Thyssenkrupp verloren unter diesen Umständen als größter MDax-Verlierer außerdem acht Prozent an Wert.

Auf europäischer Bühne verlor der EuroStoxx 50 0,84 Prozent auf 3464,64 Punkte. Ähnlich hohe Kursverluste mussten auch jeweils die Leitindizes in Paris und London einstecken. In New York notierte der Dow Jones Industrial zum hiesigen Handelsschluss knapp im Plus im Plus, er ließ in den Minuten danach aber auch gleich wieder Federn.

Der Euro kostete zuletzt 1,0585 US-Dollar, nachdem er am Vormittag noch unter die Marke von 1,05 Dollar gefallen war. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0521 (Dienstag: 1,0550) Dollar fest.

Am deutschen Rentenmarkt setzte eine Erholung der Kurse ein, die gegenläufige Umlaufrendite fiel von 1,64 Prozent am Vortag auf 1,60 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,33 Prozent auf 131,51 Punkte. Der Bund-Future legte deutlich um 1,19 Prozent auf 145,08 Punkte zu./tih/mis

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---

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AXC0294 2022-06-22/18:14

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