Red Bull Salzburg erlebt den tiefsten Fall seit Jahren. Nach der 0:2-Heimniederlage gegen Sturm Graz steht der ehemalige Serienmeister nur auf Platz fünf - elf Punkte aus sieben Spielen sprechen eine deutliche Sprache.

Die Dominanz der vergangenen Dekade ist Geschichte. Während die Bullen früher Gegner nach Belieben demontierten, gelang gegen Sturm der erste Torschuss erst in der 65. Minute. Ein Armutszeugnis für einen Klub, der sich europäische Ambitionen auf die Fahne geschrieben hat.

Trainer Thomas Letsch übernahm nach der Pleite die volle Verantwortung. Sport-Geschäftsführer Rouven Schröder sprach Klartext: "Elf Punkte aus sieben Spielen sind zu wenig." Die Jobgarantie für den Deutschen gilt vorerst nur bis zum Europa-League-Auftakt gegen Porto am Donnerstag.

Struktureller Kollaps nach Mateschitz-Tod

Der Niedergang hat System. Mit Dietrich Mateschitz (2022) und Gerard Houllier (2020) verlor Salzburg zentrale Figuren. Der Abgang von Erfolgssportdirektor Christoph Freund zum FC Bayern 2023 hinterließ ein Vakuum, das bis heute nachwirkt.

Das einst perfekt eingespielte System aus Scouting, Entwicklung und Spielphilosophie bröckelt. Ende 2024 reagierte der Klub mit personellen Veränderungen: Schröder kam als Geschäftsführer Sport, Letsch als neuer Cheftrainer. Neun Monate später ist die erhoffte Stabilität ausgeblieben.

Die Bilanz der Krise:
* Nur ein Punkt aus den letzten drei Ligaspielen
* Zehn Gegentore in sieben Runden
* Platz fünf statt gewohnter Tabellenführung
* Massenhafte Fans-Kritik in sozialen Medien

Porto wird zum Schicksalsspiel

Das Europa-League-Duell gegen den portugiesischen Spitzenklub entwickelt sich zum Charaktertest. Ein weiteres negatives Ergebnis könnte Letschs Position unhaltbar machen. Schröder machte bereits klar: "Jeder wird hinterfragt - auch der Trainer."

Die Konkurrenz hat das "System Red Bull" längst entschlüsselt. Sturm Graz kopierte nicht nur das Modell, sondern verbesserte es teilweise. Ex-Sportdirektor Freund sieht die schwierige Phase als "logische Konsequenz eines langen Erfolgszyklus".

Renaissance oder totaler Umbruch?

Salzburg steht am Scheideweg. Die sportliche Führung muss entscheiden, ob die aktuellen Strukturen für eine Wiederbelebung ausreichen oder ein radikaler Neustart nötig ist.

Das Porto-Spiel wird zeigen, ob die Bullen noch genug Biss für die internationale Bühne haben. Bei einer weiteren Blamage droht nicht nur Letsch das Aus - dann steht die gesamte Vereinsphilosophie auf dem Prüfstand.