Red Bull Salzburg stürzt ab: Ende der Elf-Jahres-Herrschaft

Red Bull Salzburg durchlebt die größte Krise seit dem Einstieg des Energydrink-Konzerns 2005. Nach dem Verlust der Meisterschaft an Sturm Graz kämpft der einstige Serienmeister mit dem schlechtesten Saisonstart seiner Red-Bull-Ära.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Elf Meistertitel in Folge sind Geschichte. Die jüngsten Niederlagen gegen den Wolfsberger AC (1:3) und Meister Sturm Graz (0:2) zeigen das ganze Ausmaß der Probleme. Über 70 Minuten spielten die Salzburger im Spitzenspiel in Unterzahl – ein Sinnbild für die aktuelle Verfassung.
Letsch kämpft gegen das System
Thomas Letsch soll die Wende bringen. Der deutsche Trainer, der im Dezember 2024 den erfolglosen Pepijn Lijnders ersetzte, versucht eine Revolution: "Das Wort 'Red-Bull-Fußball' mag ich nicht so", erklärt er seine Abkehr vom klassischen Pressing- und Umschaltspiel.
Taktisch setzt Letsch wieder auf die bewährte 4-4-2-Formation aus erfolgreichen Zeiten unter Roger Schmidt oder Jesse Marsch. Doch die Konstanz fehlt. Nach zwölf Pflichtspielen ist das Team weit von Gala-Vorstellungen entfernt.
Die Probleme unter Letsch:
* Schlechtester Frühjahrsstart eines Red-Bull-Trainers
* Mangelnde offensive Durchschlagskraft
* Fehlende Spektakel in den Darbietungen
Jugendwahn wird zum Problem
Mit einem Durchschnittsalter von nur 22 Jahren ist Salzburg zu jung geworden. Nach dem Karriereende von Kapitän Andreas Ulmer fehlen die Führungsfiguren. Nur wenige wie Torhüter Alex Schlager tragen echte Verantwortung.
Der Transfersommer 2024 gilt als "Desaster". Sportdirektor Bernhard Seonbuchner, Nachfolger des zum FC Bayern gewechselten Christoph Freund, konnte schmerzhafte Abgänge nicht kompensieren. Der Verlust von Abwehrchef Strahinja Pavlović an AC Mailand wiegt besonders schwer.
Fehlgeschlagene Transfers:
* Stefan Bajčetić (Liverpool-Leihgabe) kam verletzt und beendete die Leihe vorzeitig
* Keine adäquaten Ersatz für Schlüsselspieler gefunden
* Talente-Entwicklung stockt
Das Erfolgsmodell bröckelt
Jahrelang funktionierte die Red-Bull-Formel perfekt: Junge Talente verpflichten, entwickeln und mit Millionengewinn verkaufen. Die Transferbilanz der letzten zehn Jahre: über 370 Millionen Euro Gewinn. Stars wie Erling Haaland, Sadio Mané oder Dominik Szoboszlai machten das System weltberühmt.
Doch diese Strategie stößt an ihre Grenzen. Die Konkurrenz, allen voran Sturm Graz, nutzte Salzburgs Schwächephase und durchbrach die Dominanz. Was einst als "Fußball von morgen" galt, wird nun als "Fußball zum Vergessen" bezeichnet.
Neustart oder Mittelmaß?
Die FIFA Klub-WM im Sommer 2025 bietet eine Chance zur Rehabilitation auf internationaler Bühne. Doch intern ist ein "Neustart" bereits als unausweichlich anerkannt worden.
"Wir sind uns der Situation bewusst", räumt Letsch nach der Sturm-Niederlage ein. Die kommenden Wochen entscheiden, ob der einstige Gigant den Anschluss wiedefindet oder sich mit dem neuen Status als normaler Konkurrent abfinden muss.
Für die Fans beginnt eine neue Zeitrechnung: Die Ära der Alleingänge ist vorbei.