Banken-Studie: Jede Zehnte wird in den nächsten fünf Jahren schließen

/ 5 Trends bestimmen über Sein oder Nichtsein der Geldinstitute (FOTO)

Düsseldorf (ots) -

Die Aufräumarbeiten nach der Krise sind noch immer nicht

abgeschlossen: Zu diesem Schluss kommt das Retail Banking Radar 2019

der internationalen Unternehmensberatung A.T. Kearney. Trotz eines

Allzeithochs bei den Gewinnen stagnieren die Erträge oder sind in

mehreren großen Märkten sogar rückläufig. In Deutschland schrumpft

das Filialnetz um 2 bis 3 Prozent pro Jahr, die Mitarbeiterzahl

sinkt. Die Studie zeigt 5 Trends, die in Zukunft über Sein oder

Nichtsein der Geldinstitute bestimmen werden. Und auch die heimischen

Kunden müssen sich auf Veränderungen einstellen. So sind ab dem 14.

September die beliebten Papier-TANs Geschichte.

Seit 10 Jahren analysiert die internationale Managementberatung

A.T. Kearney in ihrem "Retail Banking Radar" die Performance

europäischer Filialbanken und ermöglicht so tiefe Einblicke in die

Stärken und Schwächen der Bankenszene Europas. Für die aktuelle

Studie wurden die Daten von fast 92 Privatkundenbanken und

Bankengruppen in 22 europäischen Ländern hinsichtlich der Kriterien

Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter, Gewinn pro Kunde, Cost-Income-Ratio

und Kreditrisikovorsorgequote untersucht. Die Studie zeigt, dass die

Gewinne der Banken auf Grund des positiven wirtschaftlichen Umfelds

und der geringeren Risikokosten, die mit 5 Prozent auf dem

niedrigsten Niveau gegenüber 12% im Jahr 2008 liegen, auf einem

Allzeithoch sind. Die Erträge stagnieren aber mit 1 Prozent Wachstum

in Westeuropa. Daniela Chikova, Partner Financial Services bei A.T.

Kearney und Autorin der Studie, bringt die Studie auf den Punkt:

"Unsere Daten zeigen, dass der Bankensektor heute stärker als vor 10

Jahren ist, aber stagniert, was Profitabilität und Kosteneffizienz

betrifft. Viele Banken stehen vor einer strategischen Transformation,

um die Ergebnisse zu verbessern."

Marktkonsolidierung nimmt Fahrt auf

Seit der Krise haben europaweit 24,6 Prozent der Banken

geschlossen. Die Zahl der Bankangestellten verringerte sich um rund

12 Prozent bzw. 1,3 Prozent pro Jahr. In den nordischen Ländern

wurden in den letzten 10 Jahren sogar mehr als 50 Prozent aller

Filialen geschlossen und auch in Deutschland schmilzt das Netz jedes

Jahr um 2 bis 3 Prozent. Die Marktkonsolidierung wird aber noch 5-10

Jahre andauern. "In den nächsten fünf Jahren wird jede zehnte Bank

entweder durch Verkauf oder Zusammenschluss nicht mehr am Markt sein,

darunter auch bekannte Namen. Jene Institute, die sich besonders

deutlich bei Kosten, Ertrag und Digitalisierung vom Wettbewerb

absetzen, werden überleben." Im Branchenschnitt konnte zwar von 2008

bis 2018 insgesamt das Volumen gesteigert werden, im gleichen

Zeitraum ging aber aufgrund der anhaltend niedrigen Zinsmarge der

Ertrag pro Kunde dramatisch um 11% zurück. Erzielte man 2008 noch

Einnahmen von 700 Euro, liegt man 2018 nur mehr bei 623 Euro pro

Kunde. Bis 2020/21 sinken diese Einnahmen dann nochmals auf 595 Euro.

Die Folge: Die Banken leiden unter einem enormen Kostendruck sowie

neuen Regulierungen, die für viele Institute das Aus bedeuten

könnten. "Mehr als ein Drittel der europäischen Banken gelten als

,Wackelkandidaten`. Trotz, historisch betrachtet,

überdurchschnittlicher Leistungen und des Drehens an der

Kostenschraube verlieren sie immer weiter an Boden", analysiert

Chikova.

Deutschland ist Schlusslicht bei der Cost-Income Ratio

In keinem Land Europas, außer Frankreich, ist die Ertragskraft des

klassischen Privatkundengeschäftes so schwach wie in Deutschland.

Schuld ist der zersplitterte Markt, der zudem noch stark umkämpft

ist. Mit einer Cost-Income-Ratio von 69 Prozent hält man mit

Frankreich (70 Prozent) die beiden letzten Plätze im Ranking.

Düster sieht es auch beim Ertrag pro Kunde aus. Auch hier verliert

die Bundesrepublik 1,3 Prozent und landet damit weit hinter

Frankreich mit 10,4 Prozent. "Die Risikokosten sind ohnehin niedrig

in Deutschland und der Bankensektor hatte keine Möglichkeit die

Profitabilität zu steigern, während die meisten anderen Länder eine

höhere Profitabilität durch niedrigere Risikokosten erreichen

konnten", analysiert Chikova.

Der Aufstieg der Neobanken

Der Erfolg von Revolut, Monzo und N26 zeigt es vor. Neobanken sind

in Europa nicht mehr aufzuhalten. Diese, zu 100 Prozent digital, ohne

Filialen und auf Mobilgeräte ausgerichteten Institute, jagen den

klassischen Banken die "Digital Natives" ab. Vor allem sehr junge

Kunden setzen auf diese Angebote, allerdings werden Neobanken vor

allem als Zweitkonto genützt. Das erste Konto liegt nach wie vor bei

der Hausbank. Das Radar zeigt, dass die Kundenbasis der Neobanken

seit 2011 um mehr als 15 Millionen gewachsen ist. Im Gegensatz dazu

haben die klassischen Banken 2 Millionen Kunden verloren. "In den

nächsten 5 Jahren werden 50-85 Millionen zu Neobanken wechseln. Um im

Privatkundengeschäft über 2019 hinaus bestehen zu können, müssen sich

traditionelle Banken den vielfältigen, neuen Bankangeboten auf dem

Markt stellen", so Chikova. Viele traditionsreiche Geldhäuser werden

ihre eigene Neobank auf der grünen Wiese gründen.

Das Aus für den TAN und Open Banking als Fluch und Segen

Open Banking, also die Öffnung von Finanzdaten für Drittanbieter,

ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits werden so innovative und

lukrative Serviceleistungen erst möglich, anderseits entstehen neue

Mitbewerber wie die Neobanken am Markt. Überraschend zeigt das Radar,

dass 50% der Europäer bereit sind, personenbezogene Daten auf

breiteren, offenen Bankplattformen zu teilen. Auch große Geldhäuser

öffnen sich neuen Plattformen, kooperieren etwa mit dem Bezahlservice

"Apple Pay" und versuchen auf der Erfolgswelle der Neobanken

mitzusurfen. Ein neuer technischer Regulierungsstandard (RTS), der am

14. September in Kraft tritt, beschleunigt diese Entwicklung

zusehends. Die Auswirkungen: Die beliebten Papier-Tans sind

spätestens dann Geschichte.

Fünf Trends zur Zukunft der Banken in den nächsten 5 Jahren

2,3 Milliarden Euro Umsatzrückgang: Das klassische

Privatkundengeschäft bricht ein. In den nächsten fünf Jahren wird in

Europa der Umsatz um 2,3 Milliarden Euro schrumpfen. Kostendruck und

Fusionen: Ein Viertel der Banken hat mit hohen Kosten und niedriger

Profitabilität zu kämpfen. Dieser anhaltende Kostendruck befeuert den

Trend zu Fusionen und Übernahmen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre

wird jede zehnte Bank einen Verkauf oder einen Zusammenschluss mit

Mitbewerbern in Betracht ziehen. Mehr KI, weniger Filialen: 2023

werden die nordischen Banken nur mehr über ein Drittel ihres

ursprünglichen Filialnetzes verfügen. In Westeuropa wird ein Drittel

der Filialen dauerhaft geschlossen sein. Künstliche Intelligenz, Big

Data und neue Technologien werden das Kundenerlebnis über alle Kanäle

hinweg beeinflussen. Neue Wettbewerber am Start: 2023 werden 50 bis

85 Millionen Europäer Kunden von Neobanken sein. Das entspricht ca.

20% der europäischen Bevölkerung über 14 Jahre.

Banking als Lifestyle-Plattform. Bis zu 50% der Europäer sind

bereit, personenbezogene Daten im Tausch gegen Dienstleitungen

weiterzugeben. Banken werden so zu Plattformen, die

Finanzdienstleistungen mit anderen Aspekten des täglichen Lebens

kombinieren und auf nationaler Ebene operieren.

Über das Retail Banking Radar

Seit 2007 misst die Studie die Performance europäischer Retail

Banken. Für die aktuelle Auswertung wurden die Daten von 92

Privatkundenbanken - 50 Banken in Westeuropa und 42 Banken in

Osteuropa ¬ - in 22 Ländern untersucht. Die Daten stammen aus

offiziellen Bankunterlagen von Januar 2007 bis Dezember 2018,

einschließlich Jahreszahlen, Prognosen und Ergebnissen des dritten

Quartals 2018 sowie öffentlich verfügbaren Branchendaten. Konkret

untersucht wurden der Ertrag pro Kunde und Mitarbeiter, der Gewinn

pro Kunde, die Cost-Income-Ratio und Kreditrisikovorsorgequote.

Über A.T. Kearney

A.T. Kearney ist eine der weltweit führenden

Unternehmensberatungen für das Top-Management und berät global tätige

Konzerne als auch führende mittelständische Unternehmen und

öffentliche Institutionen. Das Beratungsunternehmen unterstützt seine

Klienten bei der Transformation ihres Geschäftes und ihrer

Organisation, um langfristig Vorteile zu erzielen. Im Mittelpunkt

stehen dabei die Themen Wachstum und Digitalisierung, Innovation und

Nachhaltigkeit sowie die Optimierung von komplexen Produktions- und

Lieferketten. A.T. Kearney wurde 1926 in Chicago gegründet. 1964

eröffnete in Düsseldorf das erste Büro außerhalb der USA. Heute

beschäftigt A.T. Kearney mehr als 3.600 Mitarbeiter in über 40

Ländern der Welt. Seit 2010 berät das Unternehmen Klienten

klimaneutral.

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Michael Scharfschwerdt

Director Marketing & Communications

A.T. Kearney GmbH

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E-Mail: Michael.Scharfschwerdt@atkearney.com

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AXC0103 2019-05-23/10:02

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