Mirjam Puchner trainiert jetzt in Chile. Während in Österreich noch Sommer herrscht, sucht die Abfahrts-Vizeweltmeisterin bereits auf der Südhalbkugel nach Schnee. Der Grund: Die heimischen Gletscher schmelzen weg.

Für die Salzburgerin und ihre Teamkollegen sind die Wochen vor dem Saisonstart entscheidend. Tausende Pistenkilometer auf kompaktem Winterschnee sind nötig, um im Kampf um Hundertstelsekunden konkurrenzfähig zu bleiben. Diese Bedingung finden sie auf den schwindenden europäischen Gletschern im Spätsommer immer seltener.

Gletscher verschwinden, Training wird unmöglich

Der neue ÖSV-Alpindirektor Christian Mitter spricht Klartext: "Wie ich vor 25 Jahren als Trainer angefangen habe, war der August bei uns noch ein sehr guter Monat zum Trainieren. Die Natur hat sich verändert. Viele Optionen sind uns weggefallen."

Glaziologen warnten bereits zu Beginn des Sommers vor einem Rekord-Schneemangel auf den österreichischen Gletschern. Die Folge: massive Eisschmelze. An traditionellen Trainingsorten wie Saas-Fee führt der Weg zum Schnee mittlerweile über Geröll. Ganze Trainingsabschnitte auf Gletschern wie dem Stilfser Joch sind wegen größerer Gletscherspalten nicht mehr nutzbar.

17 Tonnen Material per Luftfracht

Die Übersee-Camps werden zu einem logistischen Monster. Der ÖSV transportiert rund 17 Tonnen Material per Luftfracht nach Chile und Argentinien. Teams aus aller Welt ziehen im europäischen Sommer nach Südamerika oder Neuseeland - der sportliche Druck steigt dadurch weiter.

Die Kosten sind enorm, gelten aber als alternativlose Investition. Ohne diese Camps können österreichische Skifahrer international nicht mithalten.

Sport zwischen Erfolg und Klimaschutz

Diese Praxis gerät zunehmend in die Kritik. Während der Verband die sportliche Notwendigkeit betont, wächst das Bewusstsein für den ökologischen Fußabdruck solcher Reisen.

Ein Dilemma entsteht: Wie kann internationale Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden, ohne die Umweltbelastung weiter zu erhöhen?

Traditioneller Skisport vor dem Aus?

Die Ära, in der Training auf heimischen Gletschern im Sommer selbstverständlich war, neigt sich dem Ende zu. Der Internationale Skiverband und nationale Verbände stehen vor der Aufgabe, Rennkalender und Trainingsplanung an neue klimatische Realitäten anzupassen.

Mögliche Lösungen: Verlegung von Saisonstarts, verstärkte Nutzung von Skihallen oder nachhaltigere Reisekonzepte. Experten sind sich einig - ohne grundlegende Änderungen ist die traditionelle Form des alpinen Skirennsports langfristig gefährdet.

Für Puchner geht der Fokus nun auf den Weltcup-Auftakt in Sölden Ende Oktober. Die in Südamerika gelegte Basis soll sich in Rennerfolgen niederschlagen. Ob der weiße Sport eine nachhaltige Zukunft findet, bleibt die entscheidende Frage.