Österreichs längste Nachkriegs-Rezession ist überstanden. Die führenden Wirtschaftsinstitute WIFO und IHS prognostizieren für 2025 ein schwaches Wachstum von 0,3 bis 0,4 Prozent. Doch Experten warnen eindringlich: Ohne umfassende Reformen droht ein "verlorenes Jahrzehnt".

WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr fordert eine "breite Reformpartnerschaft" zwischen Politik, Unternehmen und Gewerkschaften. Die Botschaft ist klar: Der zaghafte Aufschwung reicht nicht aus, um Österreichs strukturelle Probleme zu lösen.

Schwaches Wachstum bis 2026 erwartet

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Österreich erholt sich nur langsam. Für 2026 rechnen die Institute mit einer moderaten Beschleunigung auf 0,9 bis 1,1 Prozent Wachstum.

Der robuste private Konsum stützt die Konjunktur, während der traditionell starke Außenhandel schwächelt. Ungewöhnlich für eine österreichische Erholung: Die Exportwirtschaft fungiert diesmal nicht als Wachstumsmotor.

Internationale Nachfrage nach Investitionsgütern bleibt gedämpft. Eine spürbare Erholung des Warenaußenhandels erwarten Experten erst 2026.

Inflation bleibt hartnäckiges Problem

Die Teuerung erweist sich als zäher als gedacht. Für 2025 prognostizieren beide Institute eine Inflationsrate von 3,5 Prozent. Erst 2026 soll sie auf 2,4 Prozent sinken.

Das Zwei-Prozent-Ziel der EZB? Wird wohl erst Mitte 2027 erreicht. Diese anhaltend hohe Inflation belastet die Kaufkraft und bremst den Konsum aus.

Arbeitsmarkt: Erholung kommt zeitverzögert

Am Arbeitsmarkt verschärft sich die Lage zunächst weiter. Die Arbeitslosenquote steigt auf 7,4 bis 7,5 Prozent. Rund 23.000 Menschen mehr werden arbeitslos - insgesamt 396.000.

Besonders hart trifft es:
* Frauen
* Ältere Arbeitnehmer
* Langzeitarbeitslose

Eine Trendwende erwarten Experten erst 2026.

Wirtschaft und Gewerkschaften: Reformdruck steigt

Die schwache Erholung verstärkt den Ruf nach politischen Maßnahmen. Wirtschaftskammer-Generalsekretär Jochen Danninger sieht zwar einen "positiven Lichtblick", fordert aber dringend Standort-Stärkung und Bürokratieabbau.

Die Arbeitnehmervertreter konterten: Nach moderaten Lohnabschlüssen müssten nun Regierung und Unternehmen liefern. AK-Chefökonom Matthias Schnetzer verlangt:
* Qualifizierungsoffensive
* Altersgerechte Arbeitsplätze
* Mietpreisstopp
* Steuern auf große Vermögen

Strukturelle Schwächen bremsen Österreich aus

Im europäischen Vergleich fällt Österreich zurück. Der dreijährige Konjunkturabschwung war ungewöhnlich lang - ähnlich wie in Deutschland.

Hohe Energiepreise und Lohnstückkosten belasten besonders die exportorientierte Industrie. WIFO-Ökonom Josef Baumgartner identifiziert weitere Problemfelder:
* Schwache Migrantenintegration
* Geringe Erwerbsbeteiligung Älterer
* Defizite im Bildungssystem

Das Budgetdefizit liegt mit über vier Prozent des BIP deutlich über der Maastricht-Grenze.

Düstere Prognose: Vorkrisenniveau erst 2030?

Ohne Reformen droht Stagnation. WIFO-Chef Felbermayr malt ein düsteres Bild: Das reale BIP pro Kopf könnte erst 2030 wieder das Vorkrisenniveau von 2019 erreichen.

"Ein echter Aufschwung ist nicht in Sicht", warnt Felbermayr. Die kommenden Monate werden entscheidend - beim Staatsbudget und bei konkreten Wirtschaftsreformen.

Nur mit Maßnahmen gegen die Inflation, mehr Investitionen und einem flexibleren Arbeitsmarkt lässt sich verhindern, dass die 2020er Jahre tatsächlich zur Dekade des Stillstands werden.