Nach zwei Jahren der Rezession schlagen Österreichs führende Wirtschaftsverbände Alarm. Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer fordern die Bundesregierung auf, jetzt die Weichen für die Zukunft zu stellen: weniger Bürokratie, niedrigere Arbeitskosten und eine klare Standortstrategie.

Die Konjunkturprognosen von WIFO und IHS zeigen für 2025 zwar ein minimales Wachstum von 0,3 Prozent - doch die Wirtschaftsvertreter warnen eindringlich: Ohne mutige Reformen verliert Österreich weiter an Wettbewerbsfähigkeit.

Schwacher Aufschwung mit hartnäckigen Problemen

Die leichte Erholung steht auf wackligen Beinen. Der private und öffentliche Konsum stützt zwar das bescheidene Wachstum, aber mehrere Faktoren trüben das Bild:

  • Hohe Inflation: 3,5 Prozent für 2025 erwartet - vor allem wegen des Auslaufens der Strompreisbremse
  • Schwache Investitionen: Unternehmen halten sich bei Neuinvestitionen zurück
  • Rückläufige Exporte: Schwache Nachfrage aus wichtigen Handelspartnerländern belastet die exportorientierte Industrie

Für 2026 prognostizieren die Institute zwar 1,1 Prozent Wachstum - das bleibt aber unterdurchschnittlich.

"Wir haben uns aus dem Markt herausgepreist"

IV-Präsident Georg Knill bringt es auf den Punkt: Die hohen Lohnnebenkosten bremsen die Wettbewerbsfähigkeit massiv aus. Unternehmen argumentieren, dass die Abgabenlast Investitionen hemmt und die Schaffung neuer Jobs erschwert.

WKO-Präsident Harald Mahrer fordert von der Regierung spürbare Veränderungen und verlässliche Rahmenbedingungen. Der Vorwurf: Langwierige Genehmigungsverfahren und eine Regulierungsflut lähmen besonders kleine und mittlere Betriebe.

Fachkräftemangel trifft acht von zehn Unternehmen

Neben Steuern und Bürokratie kämpfen österreichische Firmen mit chronischen Strukturproblemen. Der Fachkräftemangel erstreckt sich mittlerweile quer durch alle Branchen - von der IT über das Handwerk bis zum Tourismus.

Die hohen Energiekosten belasten zusätzlich die energieintensive Industrie und machen den Standort im internationalen Vergleich unattraktiver.

Warnung vor Deindustrialisierung

IV-Generalsekretär Christoph Neumayer bezeichnet die Wirtschaftsdaten als "neuerlichen Weckruf für tiefgreifende Strukturreformen". Seine Warnung: Ohne Gegenmaßnahmen droht eine fortschreitende Deindustrialisierung.

Unternehmen halten bereits Investitionen zurück, schließen Standorte und bauen Personal ab. Die leichte konjunkturelle Aufhellung sehen Experten als kritisches Zeitfenster für notwendige Reformen.

Herbst wird entscheidend

Der politische Reformdruck steigt. Im Fokus steht die für den Herbst angekündigte Industriestrategie der Bundesregierung. Von ihr erhoffen sich viele eine industriepolitische Kurskorrektur.

Die Diskussionen werden sich um die Finanzierbarkeit der Entlastungen drehen - besonders bei der geforderten Senkung der Lohnnebenkosten. Ohne klare Standortstärkung, so der Tenor aus der Wirtschaft, riskiert Österreich den Anschluss an dynamischere Volkswirtschaften zu verlieren.