Der österreichische Gewerbeimmobilienmarkt erlebt eine dramatische Zweiteilung. Während nachhaltige Bürogebäude Höchstmieten erzielen, entwickeln sich unsanierte Altbauten zu unbezahlbaren Finanzierungsrisiken.

Die neuen EU-Nachhaltigkeitsregeln und das gestiegene Zinsniveau setzen Banken und Immobilieneigentümer massiv unter Druck. "Grün ist das neue gute Lage" – diese Branchenweisheit beschreibt treffend, wie ESG-Kriterien über Wert und Finanzierbarkeit von Gewerbeimmobilien entscheiden.

Spitzenmieten trotz Marktunsicherheit

Der Wiener Büromarkt zeigt ein paradoxes Bild: Trotz allgemeiner Zurückhaltung bei Mietentscheidungen klettern die Spitzenmieten weiter nach oben. In guten Lagen außerhalb des Zentrums werden bereits 24,50 Euro pro Quadratmeter verlangt – ein Plus von sieben Prozent zum Vorjahr.

Der Grund liegt in der klaren Präferenz der Unternehmen für klimafreundliche Büros. Moderne, zertifizierte Gebäude mit stabilen Betriebskosten sind so begehrt, dass die Leerstandsquote bei nur 4,22 Prozent liegt – ein historischer Tiefstand.

Gleichzeitig geraten ältere Bestandsimmobilien massiv unter Druck. Was Experten als "Flight to Quality" bezeichnen, wird für viele Eigentümer zur existenziellen Bedrohung.

Stranded Assets: Wenn Immobilien zur Belastung werden

Mehr als die Hälfte aller Gewerbeimmobilien-Manager stufen 30 Prozent oder mehr ihrer Objekte als "Stranded Assets" ein. Diese Gebäude verlieren an Wert, werden schwer finanzierbar und erfüllen künftige gesetzliche Anforderungen nicht mehr.

Immobilien ohne Nachhaltigkeitszertifikate wie BREEAM oder ÖGNI gelten bei institutionellen Käufern als unverkäuflich. Die EU-Taxonomie-Verordnung zwingt Banken, diese Risiken in ihren Kreditbüchern zu bewerten – mit drastischen Folgen für die Finanzierung.

Eigentümer stehen vor einer harten Entscheidung: Entweder sie investieren in teure energetische Sanierungen oder nehmen erhebliche Wertverluste in Kauf.

Bankenaufsicht verschärft den Druck

Die österreichischen Aufsichtsbehörden haben reagiert. Die Quote notleidender Gewerbeimmobilienkredite ist seit 2020 auf 5,5 Prozent gestiegen – Tendenz weiter steigend.

Ab Juli 2025 müssen heimische Banken einen zusätzlichen Systemrisikopuffer von einem Prozent für Gewerbeimmobilienkredite vorhalten. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) warnt vor verschleierten Klumpenrisiken und fordert von den Instituten, "genau hinter die Fassaden der Kreditnehmer zu blicken".

Perfekter Sturm für unsanierte Objekte

Drei Faktoren verstärken sich gegenseitig:

  • Regulatorischer Druck: EU-weite ESG-Vorschriften sind zur harten Finanzierungsanforderung geworden
  • Verändertes Nachfrageverhalten: Mieter und Investoren verlangen nachweislich nachhaltige Gebäude
  • Schwieriges Zinsumfeld: Höhere Zinsen erschweren Refinanzierungen, während Baukosten für Sanierungen explodieren

Der "Brown Discount" – der Preisabschlag für nicht-nachhaltige Immobilien – wird sich weiter vergrößern. Banken bevorzugen bei der Kreditvergabe "Green Renovations", da diese ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele erfüllen und das Kreditrisiko senken.

Dünnere Pipeline verschärft die Lage

Die Zukunft verspricht keine Entspannung. Nach 2025 wird die Pipeline für neue Büroprojekte in Wien deutlich dünner. Das stützt die Mieten für Top-Objekte weiter, erhöht aber den Sanierungsdruck auf Altbauten massiv.

Für Banken bleibt das Management der Gewerbeimmobilien-Kreditrisiken eine zentrale Herausforderung. Die Aufsichtsbehörden haben bereits klargestellt: Langfristig setzt sich nur durch, was nachhaltig ist.