Der österreichische Bundesrat fordert stärkere Mitspracherechte bei EU-Entscheidungen. Die "Europakammer" sieht ihre bisherigen Kompetenzen als zu schwach an.

Seit 30 Jahren fungiert der Bundesrat als wichtiges Bindeglied zwischen den österreichischen Bundesländern und der EU. Doch die aktuellen Instrumente reichen vielen nicht mehr aus. Während die Länderkammer heute hauptsächlich reagiert, will sie künftig aktiv mitgestalten.

Subsidiaritätsrügen als schärfste Waffe

Das wirksamste Tool des Bundesrates ist die Überwachung des Subsidiaritätsprinzips. Dieses EU-Grundprinzip besagt: Entscheidungen sollen möglichst bürgernah getroffen werden.

Verstößt ein EU-Gesetzesentwurf gegen diese Regel, kann der Bundesrat binnen acht Wochen eine Subsidiaritätsrüge erheben. Bei genügend Unterstützung anderer nationaler Parlamente folgt eine "gelbe" oder "orange Karte" - die EU-Kommission muss ihren Vorschlag überprüfen.

Österreich liegt europaweit an der Spitze: 2013 belegte der Bundesrat bei Subsidiaritätsrügen Platz zwei. Gemeinsam mit dem Nationalrat kann er sogar beim EuGH klagen.

Vom Beobachter zum Mitgestalter?

Trotz dieser Kontrollrechte bleibt ein Problem: Die Stellungnahmen des Bundesrates sind meist nicht bindend. Zwar kann die Länderkammer der Regierung Verhandlungspositionen für EU-Ratssitzungen mitgeben - doch rechtlich verbindlich ist das nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Diese begrenzte Wirkung stößt auf Kritik. Experten argumentieren: Eine stärkere Einbindung würde die demokratische Legitimität von EU-Entscheidungen erhöhen und zu praxisnäherer Gesetzgebung führen.

Spannungsfeld zwischen Integration und Bürgernähe

Die Debatte zeigt ein europäisches Dilemma auf. Einerseits erfordern globale Herausforderungen schnelle, effiziente EU-Entscheidungen. Andererseits wächst bei Bürgern das Gefühl, "Brüssel" sei zu weit entfernt.

Könnte eine Stärkung regionaler Parlamente die Lösung sein? Befürworter sehen darin ein wichtiges Korrektiv. Kritiker warnen vor langsameren Entscheidungsprozessen und einer Fragmentierung europäischer Interessen.

Reformdruck bleibt bestehen

Obwohl keine konkrete Gesetzesreform ansteht, wird die Diskussion weitergehen. Die zunehmende Komplexität europäischer Politik und ihre direkten Auswirkungen auf Länderkompetenzen halten den Druck aufrecht.

In den kommenden Monaten dürften die Bundesländer ihre Forderungen in politischen Gremien erneutern. Die entscheidende Frage: Findet sich auf Bundesebene der politische Wille, die Machtbalance zwischen Bund und Ländern in EU-Angelegenheiten neu zu justieren?