Österreichs Baubranche steht vor dem größten Umbruch ihrer Geschichte. Strengere EU-Vorgaben zwingen die gesamte Branche zum radikalen Umbau – von der Kreislaufwirtschaft über digitale Tools bis hin zu Holz als neuem Wunderbaustoff.

Die überarbeitete EU-Gebäuderichtlinie setzt klare Deadlines: Nullemissionsstandard für öffentliche Neubauten bereits ab 2028, für alle anderen ab 2030. Bis 2026 muss Österreich diese Vorgaben in nationales Recht umsetzen. Ein Kraftakt für die gesamte Wertschöpfungskette.

Kreislaufwirtschaft: Gebäude als Rohstofflager

Das Konzept des "Urban Mining" gewinnt rasant an Bedeutung – Gebäude werden zu Rohstofflagern der Zukunft. Die TU Wien erforscht mit dem Projekt "Circular Timber" neue Strategien zur Wiederverwendung von Holzbauteilen.

Der Bausektor produziert derzeit einen Großteil des österreichischen Abfallaufkommens. Die Bundesregierung plant deshalb für 2025 den Abbau regulatorischer Hürden für Sekundärrohstoffe.

Die Herausforderung beim Bestand: 60% aller österreichischen Gebäude sind thermisch sanierungsbedürftig. Die aktuelle Sanierungsrate von nur 1,5% pro Jahr reicht bei weitem nicht aus. Die EU-Richtlinie fordert bis 2030 eine Reduktion des Energieverbrauchs um 16% bei Wohngebäuden.

BIM revolutioniert die Planung

Building Information Modeling (BIM) entwickelt sich vom Nice-to-have zum Must-have. Die Technologie erstellt digitale Zwillinge von Gebäuden und vernetzt alle Informationen vom ersten Planungsstrich bis zum Rückbau.

Anfang 2025 startete die "Steuerungsgruppe Standardisierung BIM" mit dem Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Ziel: Doppelgleisigkeiten vermeiden und einheitliche Standards etablieren. Besonders kleinere Betriebe kämpfen noch mit der Implementierung.

Holzbau: Vom Nischenprojekt zum Mainstream

Brettsperrholz macht's möglich: Mehrgeschossige Holzbauten, die früher undenkbar waren, entstehen heute in Serie. Der nachwachsende Rohstoff bindet CO2 während des Wachstums – ein klarer Vorteil gegenüber Beton und Stahl.

Die TU Wien treibt mit eigenen Professuren die Holzbau-Forschung voran. Vorfertigung und modularer Bau beschleunigen die Prozesse erheblich und verbessern die Qualität.

Politik treibt, Wirtschaft bremst

Der "European Green Deal" der EU setzt den Rahmen. Unternehmen wie die HABAU GROUP – 2025 als innovativstes Bauunternehmen Österreichs ausgezeichnet – zeigen mit Beton-Holz-Hybridsystemen, wie Innovation funktioniert.

Das Problem: Nach massiven Preissteigerungen und schwächelnder Nachfrage im Wohnbau blickt die Branche verhalten in die Zukunft. Nachhaltigkeit muss bezahlbar bleiben – Förderprogramme werden zum entscheidenden Faktor.

Countdown läuft

Bis Ende 2025 muss der nationale Gebäuderenovierungsplan an die EU-Kommission. Bis 2026 folgt die Umsetzung der EPBD in österreichisches Recht über die OIB-Richtlinien.

Das große Ziel: Bis 2050 soll der gesamte Gebäudebestand klimaneutral sein. Wer heute die Weichen richtig stellt, sichert sich Wettbewerbsvorteile von morgen.