Die Zeit des Baubooms ist vorbei. Während Insolvenzen weiter steigen, erfindet sich Österreichs Bauwirtschaft neu: Statt auf Neubau setzt sie auf Sanierung und Nachhaltigkeit. Kann dieser Strategiewechsel die Branche retten?

Umbau statt Neubau: Die große Wende

Gestiegene Zinsen, explodierende Materialkosten und zurückhaltende Kreditvergabe haben den Neubau-Markt zum Erliegen gebracht. Die Antwort der Branche: eine radikale Neuausrichtung.

Almhütten-Renovierungen, Hallenbad-Sanierungen und Hotel-Modernisierungen boomen. ESG-Auflagen verstärken diesen Trend zusätzlich – plötzlich werden Refurbishment-Projekte zu lukrativen Alternativen.

"Die Nachfrage nach Bestandsentwicklung übersteigt alle Erwartungen", berichten Brancheninsider. Während neue Wohnprojekte auf Eis liegen, entstehen aus alten Gebäuden moderne, energieeffiziente Immobilien.

Kreislaufwirtschaft als Rettungsanker

In Stockerau läuft seit kurzem Österreichs erstes Gipsrecycling-Werk. Das Joint Venture von Porr, Saint-Gobain und Saubermacher verarbeitet 60.000 Tonnen Gipsabfälle jährlich zu neuem Baumaterial.

Ein Meilenstein der Kreislaufwirtschaft – und ein Geschäftsmodell mit Zukunft. Ab 2026 gilt ein Deponierungsverbot für Gipsabfälle. Unternehmen, die heute nachhaltig denken, sichern sich bessere Finanzierungsbedingungen.

Insolvenzen auf Rekordniveau

Doch die Transformation kostet: Die Zahl der Bau-Insolvenzen erreicht neue Höchststände. Allein diese Woche meldeten mehrere Wiener Betriebe Konkurs an.

Der Baustoffhändler Quester schließt seinen Standort Krieglach bis Monatsende. Grund: die "extrem angespannte Marktsituation". Besonders kleinere Betriebe geraten unter Druck.

Prognose für 2025: 6.950 Firmenpleiten erwarten Experten – fast so viele wie im Krisenjahr 2005.

Wer jetzt überlebt, prägt die Zukunft

"Diese Krise trennt die Spreu vom Weizen", erklärt Peter Engert von der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft. Unternehmen mit nachhaltigen Konzepten haben klare Marktvorteile.

Die Politik versucht mit dem "Wohnbaupaket" zu helfen. Doch entscheidend ist die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen selbst. Agile Strukturen und kreislauffähige Lösungen entscheiden über Erfolg oder Pleite.

Eine Stabilisierung erwarten Experten erst ab 2026. Bis dahin müssen Baufirmen beweisen, dass sie den Wandel zur nachhaltigen Bauwirtschaft schaffen. Die Weichen sind gestellt – jetzt zeigt sich, wer die neuen Spielregeln meistert.