Österreich steuert trotz milliardenschwerer Sparmaßnahmen auf ein EU-Defizitverfahren zu. Das Haushaltsdefizit wird 2025 bei 4,5 Prozent des BIP liegen – weit über der erlaubten Drei-Prozent-Grenze.

Die EU-Finanzminister haben das Verfahren bereits eingeleitet. Österreich muss bis Oktober konkrete Pläne vorlegen und steht unter verschärfter Brüsseler Kontrolle.

Sparpaket von 6,4 Milliarden Euro reicht nicht

Die Bundesregierung schnürt bereits ein umfassendes Konsolidierungspaket. 2025 sollen 6,4 Milliarden Euro eingespart werden, 2026 sogar 8,7 Milliarden Euro. Ohne diese Maßnahmen würde das Defizit auf fast sechs Prozent explodieren.

Die härtesten Einschnitte im Überblick:
* Klimabonus fällt ab 2026 komplett weg
* Bildungskarenz wird drastisch gekürzt
* Ministerien müssen pauschal sparen
* Wettgebühr steigt deutlich an

Finanzminister Markus Marterbauer verteidigt den Kurs als alternativlos. Nur so ließen sich hohe Zinszahlungen vermeiden und Spielraum für Zukunftsinvestitionen schaffen.

Konjunktur bremst Sanierungspläne aus

Österreichs Wirtschaft macht den Sparanstrengungen einen Strich durch die Rechnung. Nach der längsten Nachkriegsrezession stagniert das Land weiter. Für 2025 prognostizieren Experten nur 0,3 Prozent Wachstum.

Die Industrierezession und schwache Exporte drücken auf die Steuereinnahmen. Gleichzeitig steigen die Sozialausgaben durch höhere Arbeitslosigkeit. Ein klassischer Teufelskreis.

Wirtschaftsexperten warnen: Ein zu rigider Sparkurs könnte die fragile Konjunktur vollends abwürgen.

Brüssel übernimmt die Kontrolle

Das Defizitverfahren bedeutet verschärfte Überwachung aus Brüssel. Österreich muss halbjährlich über Fortschritte berichten und bis 2028 das Defizit unter drei Prozent drücken.

Es ist das zweite Mal seit 2009, dass sich die Alpenrepublik diesem Prozedere unterziehen muss. Diesmal steht mehr auf dem Spiel: Bei Nichteinhaltung drohen weitere, schärfere EU-Auflagen.

Europa kämpft mit ähnlichen Problemen

Österreich steht nicht allein da. Auch Frankreich, Italien, Belgien und Polen haben mit Defizitverfahren zu kämpfen. Die Ursachen ähneln sich: Pandemie-Nachwirkungen, Energiekrise-Kosten und gestiegene Zinsen.

Fiskalrats-Chef Christoph Badelt sieht im EU-Verfahren sogar eine Chance. Ein mehrjähriger, überwachter Anpassungspfad biete mehr Flexibilität als ein "Crash-Kurs".

Die Kritik bleibt dennoch groß. Viele befürchten, dass vor allem untere und mittlere Einkommen die Zeche zahlen müssen.

Steiniger Weg bis 2028

Die nächsten Wochen werden entscheidend. Bis Oktober muss Wien der EU-Kommission einen glaubwürdigen Sanierungsplan vorlegen. Die Bewertung folgt im November.

Der Balanceakt ist gewaltig: EU-Vorgaben erfüllen, ohne die Wirtschaft abzuwürgen. Bis 2028 müssen die Maastricht-Kriterien wieder eingehalten werden – ein Kraftakt für Politik und Gesellschaft.