Die Bildungskarenz wird Geschichte. Das österreichische Parlament beschließt kommende Woche die komplette Abschaffung des beliebten Fördermodells. Ab Januar 2026 ersetzt eine strengere "Weiterbildungsbeihilfe" das bisherige System – mit drastischen Einschnitten bei Budget und Zugangsvoraussetzungen.

Der Sozialausschuss des Nationalrats hat die Reform bereits durchgewunken. 650 Millionen Euro jährlich flossen bislang in die Bildungskarenz, ab 2026 sind nur noch 150 Millionen Euro vorgesehen. Das entspricht einer Kürzung um mehr als drei Viertel.

Zwölf statt sechs Monate: Neue Hürden für Arbeitnehmer

Die Regierung verschärft die Spielregeln drastisch. Statt sechs Monate müssen Arbeitnehmer künftig zwölf Monate ununterbrochen beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt sein. Für Akademiker mit Master-Abschluss gilt sogar eine Vier-Jahres-Frist.

Besonders hart trifft es Mütter: Der direkte Übergang von der Eltern- zur Bildungskarenz wird gestrichen. Ein mindestens sechsmonatiger Wiedereinstieg in den Job ist Pflicht. Auch die Arbeitszeit bei der Weiterbildung steigt auf 20 Wochenstunden – nur für Eltern mit Kindern unter sieben Jahren auf 16 Stunden reduziert.

Arbeitgeber müssen mitfinanzieren

Eine radikale Neuerung: Verdient ein Mitarbeiter mehr als die Hälfte der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage, muss der Arbeitgeber mindestens 15 Prozent der Beihilfe zuschießen. Die Tagesbeihilfe bewegt sich zwischen 40,40 und 67,94 Euro, mit einem Mindestbetrag von 1.212 Euro monatlich.

Einen Rechtsanspruch gibt es nicht mehr. Das Arbeitsmarktservice (AMS) bewilligt nur nach verfügbarem Budget – wer zuerst kommt, mahlt zuerst.

"Notbremse" gegen Missbrauch oder Kahlschlag?

Die Regierung rechtfertigt den Umbau als überfällige Korrektur. Der Rechnungshof kritisierte, dass ein Viertel der Teilnehmer ein Jahr nach der Bildungskarenz ohne Job dastand. Viele nutzten die Förderung als bezahlte Auszeit statt für arbeitsmarktrelevante Qualifizierung.

Helmut Bonin vom Institut für Höhere Studien (IHS) zweifelt am neuen Konzept: "Warum sollten Unternehmen in Mitarbeiter investieren, die dadurch für Konkurrenten attraktiver werden?"

Scharfe Kritik von Gewerkschaften und Opposition

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) spricht von einer "falschen Strategie" in Zeiten des Fachkräftemangels. Die FPÖ geht noch weiter und nennt das System "reine Betriebsförderung" – Weiterbildung nur noch möglich, wenn sie dem Betrieb nützt.

Auch die Wirtschaftskammer zeigt sich gespalten: Während sie die Fokussierung auf arbeitsmarktrelevante Ausbildung begrüßt, lehnt sie die Kostenbeteiligung der Arbeitgeber ab.

Was Arbeitnehmer jetzt wissen müssen

Wer noch von der alten Bildungskarenz profitieren will, sollte schnell handeln. Anträge müssen bis spätestens Ende 2025 gestellt werden. Ab Januar 2026 gelten die neuen, strengeren Regeln der Weiterbildungsbeihilfe.

Das AMS wird künftig prüfen, ob die gewählte Ausbildung arbeitsmarktpolitisch sinnvoll ist. Eine verpflichtende Bildungsberatung soll missbräuchliche Nutzung verhindern. Die kommenden Monate zeigen, ob das drastisch reduzierte Budget überhaupt ausreicht, um die Nachfrage zu decken.