Österreich plant Wasserstoff-Offensive für Europa

Österreich will sich als zentrale Drehscheibe für grünen Wasserstoff in Europa etablieren. Die Bundesregierung stellte diese Woche eine umfassende Importstrategie vor, die bis 2035 das Land zum wichtigsten Knotenpunkt im europäischen Wasserstoffnetz machen soll.
"Wasserstoff ist nicht nur ein Energieträger, er ist ein wirtschaftspolitisches Zukunftsprojekt", betonte Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer. Die Initiative soll die heimische Industrie dekarbonisieren und gleichzeitig eine sichere Energieversorgung gewährleisten.
Zwei Drittel des Bedarfs müssen importiert werden
Bis 2040 wird Österreichs Wasserstoffbedarf auf 1,3 Millionen Tonnen ansteigen. Da die heimische Produktion nicht ausreicht, muss das Land zwei Drittel davon importieren.
Die Regierung reagiert mit konkreten Maßnahmen: 20 Millionen Euro fließen als Investitionszuschüsse für neue Elektrolyseanlagen. Eine neue Zertifizierungs-Verordnung sorgt dafür, dass österreichischer grüner Wasserstoff international handelbar wird und auf EU-Klimaziele anrechenbar ist.
Pipeline aus Nordafrika soll 2030 starten
Das Herzstück der Strategie ist der "SoutH2 Corridor" - eine 3.300 Kilometer lange Pipeline von Nordafrika nach Deutschland. Ab 2030 soll sie grünen Wasserstoff aus Tunesien und Algerien über Italien und Österreich transportieren.
Das Projekt kann bis zu 40 Prozent des EU-Importziels aus dem REPowerEU-Plan decken. Gas Connect Austria und Trans Austria Gasleitung rüsten dafür bestehende Gaspipelines um - über 70 Prozent der vorhandenen Infrastruktur lässt sich wiederverwenden.
WAG Loop kostet 200 Millionen Euro
Die österreichischen Netzbetreiber starten bereits konkrete Projekte. Gas Connect Austria plant mit "WAG Loop 1" einen 40 Kilometer langen Leitungsstrang parallel zur West-Austria-Gasleitung. Die 200 Millionen Euro teure Verbindung wird explizit "H2-ready" gebaut und soll bis Mitte 2027 fertig sein.
Weitere Schlüsselprojekte schaffen Transportwege zur Slowakei, nach Deutschland und Slowenien. Die Trans Austria Gasleitung rüstet eine ihrer Hauptleitungen komplett für reinen Wasserstoff um.
OMV startet mit größter Elektrolyse Österreichs
Die Industrie investiert massiv in die neue Technologie. OMV nahm im April die derzeit größte Elektrolyseanlage Österreichs in Betrieb - 10 MW Leistung produzieren jährlich 1.500 Tonnen grünen Wasserstoff und sparen 15.000 Tonnen CO2 ein.
Schon 2027 folgt eine 140-MW-Anlage, die einen großen Teil des Raffineriebedarfs in Schwechat decken soll. Verbund, Österreichs größter Stromerzeuger, treibt gemeinsam mit voestalpine und Burgenland Energie den Aufbau industrieller Elektrolysekapazitäten voran.
EU steuert 125 Millionen Euro bei
Die geografische Lage macht Österreich zur idealen Energiedrehscheibe zwischen Nord- und Südeuropa. Durch den Südkorridor sichert sich das Land Zugang zu kostengünstigem Wasserstoff aus Nordafrika und wird unverzichtbares Transitland für deutsche Industrieregionen.
Die EU unterstützt grenzüberschreitende Wasserstoffprojekte mit 125 Millionen Euro aus dem Wiederaufbaufonds. Das Geld soll private Investitionen in die IPCEI-Initiativen "Hy2Tech" und "Hy2Use" mobilisieren.
Wien wird zum Wasserstoff-Zentrum
Am 22. Oktober diskutieren Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Forschung bei der Jahreskonferenz der "Hydrogen Partnership Austria" die nächsten Schritte. Einen Tag später beraten Deutschland, Italien und Österreich über Finanzierung und Regulierung der Pipeline-Infrastruktur.
Parallel intensiviert Österreich die Gespräche mit den Lieferländern Algerien und Tunesien. Ob das Land seine Vision als zentrale Wasserstoff-Drehscheibe der EU verwirklichen kann, entscheidet sich in den kommenden Jahren.