Österreich: Klimaziele bedrohen Industrie-Standort

Die EU-Klimapolitik zwingt Österreichs Wirtschaft in eine dramatische Transformation. Während die Regierung Milliarden für grüne Technologien bereitstellt, warnt die Industrie vor einer Deindustrialisierung. Der jüngste politische Showdown um die EU-Klimaziele für 2040 verschärft die Debatte: Gelingt der Wandel oder droht der wirtschaftliche Kahlschlag?
Die EU-Kommission fordert 90 Prozent weniger Treibhausgase bis 2040 – eine weitere Verschärfung des bereits ambitionierten "Fit for 55"-Pakets. Österreich hat sich sogar die komplette Klimaneutralität bis 2040 vorgenommen. Das bedeutet: radikaler Umbau in allen Sektoren, von der Stahlindustrie bis zum Verkehr.
Fünf Milliarden für den grünen Umbau
Die Bundesregierung mobilisiert 5,7 Milliarden Euro bis 2030 für die "Klima- und Transformationsoffensive". Drei Milliarden fließen direkt in die Dekarbonisierung der Industrie – für Effizienzmaßnahmen, grünen Wasserstoff und CO2-arme Technologien.
Neu dabei: der "Transformationszuschuss". Er federt bis zu zehn Jahre lang die Mehrkosten für erneuerbare Energien ab. Ein Novum, das die laufenden Betriebskosten der grünen Wende abfangen soll.
Industrie rebelliert gegen "Symbolpolitik"
Wirtschaftsvertreter schlagen Alarm. Die Industriellenvereinigung nennt das 90-Prozent-Ziel "realitätsferne Symbolpolitik". IV-Vize Peter Koren warnt vor einer Abwanderungswelle: Hohe Energiekosten, ausufernde Bürokratie und die Gefahr des "Carbon Leakage" – Unternehmen könnten in klimafreundlichere Regionen flüchten.
Besonders bitter: Österreichs nationaler Sonderweg zur Klimaneutralität 2040 gilt als "massives Gold Plating" – eine freiwillige Verschärfung, die heimische Betriebe zusätzlich belastet.
Regierung bremst bei EU-Klimaziel
Ende September eskalierte der Streit. Österreich, Deutschland und Frankreich verschoben die Entscheidung über das 2040-Ziel vom Umweltministerrat auf den EU-Gipfel. Ein riskanter Schachzug: Dort können einzelne Länder wie Ungarn ihr Veto einlegen.
Staatssekretär Alexander Pröll rechtfertigt das Manöver: "Ambitionierte Klimaziele müssen mit einem starken Standort kombiniert werden." Die grünen Koalitionspartner sind empört und sprechen von einem "Taschenspielertrick".
Balanceakt zwischen Klima und Wettbewerb
Österreichs Dilemma spiegelt das Problem vieler Industriestaaten wider. Die EU versucht unfairen Wettbewerb mit dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus zu bekämpfen – doch dessen Wirkung ist ungewiss.
Die Transformation birgt auch Chancen: Frühe Investoren in grüne Technologien können Märkte erobern und Innovationsführer werden. Studien versprechen eine "doppelte Dividende" aus Klimaschutz und Wachstum.
Milliarden-Strafe bei Zielverfehlung
Die nächsten Monate werden entscheidend. Verfehlt Österreich die EU-Ziele für 2030 – besonders im Problembereich Verkehr –, drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe für Emissionszertifikate. Geld, das dann für die heimische Transformation fehlt.
Der Erfolg der Klimapolitik wird nicht nur an CO2-Reduktion gemessen, sondern daran, ob Wohlstand und Arbeitsplätze erhalten bleiben.