Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will dem "Österreich-Aufschlag" den Kampf ansagen. Mit sieben weiteren EU-Staaten legt er heute dem EU-Wettbewerbsrat in Brüssel ein Positionspapier vor, das territoriale Lieferbeschränkungen verbieten soll.

Das Problem trifft Millionen österreichische Konsumenten täglich im Geldbeutel: Identische Markenprodukte kosten hier acht bis zwanzig Prozent mehr als in Deutschland. Grund sind künstliche Handelshürden, die multinationale Konzerne errichten.

Allianz gegen Preisdiskriminierung

Die neue Allianz umfasst neben Österreich auch Tschechien, Kroatien, Griechenland, Luxemburg, die Niederlande, Belgien und Slowenien. "Diese Bundesregierung hat das klare Ziel, die Inflation zu bekämpfen", erklärt Hattmannsdorfer. Besonders kleinere EU-Märkte leiden unter der Preispolitik internationaler Hersteller.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 14 Milliarden Euro Mehrkosten entstehen EU-Verbrauchern jährlich durch territoriale Lieferbeschränkungen. Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde stellte sogar einen Aufschlag von 15 bis 20 Prozent fest.

So funktioniert das System der Preistreiberei

Internationale Markenhersteller zwingen österreichische Händler, Waren über teurere Vertriebswege zu beziehen. Ein direkter Einkauf in Deutschland oder anderen EU-Ländern wird ihnen verwehrt - obwohl dort dieselben Produkte günstiger verfügbar wären.

Handelsvertreter berichten von dramatischen Unterschieden: Bis zu 60 Prozent höhere Einkaufspreise müssen österreichische Händler zahlen. Diese Mehrkosten landen unweigerlich bei den Konsumenten.

Fünf konkrete Forderungen an Brüssel

Die Allianz präsentiert der EU-Kommission einen klaren Aktionsplan:

  • Sofortige Gesetzesvorschläge statt Warten bis Ende 2026
  • Härtes Durchgreifen mit neuen Vertragsverletzungsverfahren bei jedem Fall
  • Verstärkte Kooperation der nationalen Wettbewerbsbehörden
  • Rechtliche Klarstellung im EU-Wettbewerbsrecht
  • Abbau künstlicher Marktbarrieren wie länderspezifische Sonderregeln

Lücke im EU-Recht wird ausgenutzt

Die bestehende Geoblocking-Verordnung verbietet zwar Diskriminierung beim Online-Kauf für Endkunden. Im Großhandel greift sie jedoch nicht - genau diese Lücke nutzen Konzerne für ihre Preiszonen-Strategie.

Rainer Will vom Handelsverband bestätigt: "Über 90 Prozent der Beschaffung im Lebensmitteleinzelhandel erfolgt national, weil die Industrie internationalen Einkauf faktisch unmöglich macht."

Testfall für EU-Binnenmarkt

Der Vorstoß geht weit über Inflationsbekämpfung hinaus - er wird zum Testfall für die Fairness des europäischen Binnenmarktes. Die Initiative greift tief in die Preis- und Vertragsfreiheit großer Konzerne ein und dürfte auf erheblichen Widerstand der Industrielobbys stoßen.

Das heutige Treffen des EU-Wettbewerbsrates wird zeigen, ob genug Unterstützung für den österreichischen Vorstoß vorhanden ist. Bei einer breiten Mehrheit könnte die Kommission einen Gesetzesentwurf ausarbeiten - ein Verfahren, das allerdings mehrere Jahre dauern würde.

Für österreichische Verbraucher ist es dennoch ein wichtiges Signal: Die Regierung nimmt hohe Lebenshaltungskosten ernst und sucht aktiv nach europäischen Lösungen.