Österreich kämpft gegen den „Österreich-Aufschlag"

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer geht in die Offensive. Gemeinsam mit der Bundeswettbewerbsbehörde fordert er ein EU-Gesetz gegen territoriale Lieferbeschränkungen - die Ursache für überhöhte Markenpreise in Österreich. Kommende Woche soll das Thema auf höchster Ebene in Brüssel landen.
Der Grund für den Ärger: Identische Produkte kosten hierzulande oft 15 bis 20 Prozent mehr als in Deutschland. Schuld daran sind internationale Konzerne, die österreichische Händler daran hindern, dort einzukaufen, wo es am günstigsten wäre.
Die Methode hinter den Mehrkosten
Das System ist simpel - und effektiv. Markenhersteller verbieten österreichischen Händlern den direkten Einkauf bei günstigeren deutschen Großhändlern. Stattdessen müssen sie teurere, österreichspezifische Vertriebsschienen nutzen. Das Ergebnis: höhere Preise für Konsumenten.
Die Arbeiterkammer dokumentiert diese Praxis seit Jahren. Bei Lebensmitteln und Drogerieartikeln stellte sie Preisunterschiede von bis zu 117 Prozent fest. Was in Deutschland günstig ist, wird in Österreich zum Luxusartikel.
Diese territorialen Lieferbeschränkungen hebeln den EU-Binnenmarkt teilweise aus - und das völlig legal. Die bestehende Geoblocking-Verordnung greift nur beim direkten Verkauf an Endkunden, nicht aber im Großhandel.
14 Milliarden Euro Schäden EU-weit
Österreich steht nicht allein da. Die EU-Kommission hat territoriale Lieferbeschränkungen als eines der zehn größten Hindernisse für den Binnenmarkt identifiziert. Der Schaden: 14 Milliarden Euro jährliche Mehrkosten für EU-Verbraucher.
Trotzdem passiert wenig. Während Online-Diskriminierung seit 2018 verboten ist, bleibt der Großhandel unangetastet. Hattmannsdorfer will das ändern und hat bereits eine Allianz mit anderen betroffenen Ländern geschmiedet.
Kurskorrektur in Wien?
Die Offensive kommt überraschend. Medienberichte deuteten auf eine zögerliche österreichische Haltung hin. In EU-Arbeitsgruppen sollen österreichische Beamte neue Regulierungen als "nicht zielführend" bezeichnet haben.
Ein Sprecher des Wirtschaftsministers dementiert: Man habe lediglich auf bestehende Wettbewerbsinstrumente verwiesen. Der aktuelle Brief an die EU-Kommission soll die neue Entschlossenheit unterstreichen.
Sowohl Handelsverband als auch Arbeiterkammer unterstützen den Vorstoß. Sie sehen sich als Opfer der Preispolitik internationaler Konzerne.
Dickes Brett für Brüssel
Die Forderung ist wirtschaftspolitisch brisant. Sie zielt direkt auf die Gewinnstrategien großer Konzerne ab, die regional unterschiedliche Preise durchsetzen wollen. Ein EU-Gesetz wäre ein signifikanter Eingriff in die Vertragsfreiheit - den die Industrielobby heftig bekämpfen dürfte.
Doch die hohe Inflation verstärkt den politischen Druck. Preisdämpfende Maßnahmen werden in vielen Mitgliedsstaaten gefordert. Der österreichische Vorstoß könnte neue Dynamik in die schwelende Debatte bringen.
Nächster Halt: EU-Wettbewerbsrat
Kommende Woche fällt die Entscheidung. Im EU-Rat für Wettbewerbsfähigkeit zeigt sich, wie viel Unterstützung der Vorstoß findet. Bei ausreichend Rückhalt könnte die EU-Kommission einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.
Das Verfahren wäre langwierig - mehrere Jahre sind realistisch. Bisher plant die EU nur vage "Werkzeuge" gegen Lieferbeschränkungen bis Ende 2026. Hattmannsdorfer will diesen Prozess beschleunigen und den "Österreich-Aufschlag" endlich beenden.