Österreich hält am 4,5-Prozent-Defizitziel fest

Österreich bleibt trotz steigender Staatsausgaben beim Budgetplan. Das nominelle Defizit wächst um eine Milliarde Euro auf 23,2 Milliarden - die Quote von 4,5 Prozent des BIP wird dennoch gehalten.
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) präsentierte heute die aktuellen Zahlen: Das stärker als erwartete Wachstum des Bruttoinlandsprodukts kompensiert die höheren Ausgaben. Basis sind die Daten der ersten acht bis neun Monate 2025.
Die Regierung steht unter enormem Druck. Seit Juli läuft ein offizielles EU-Defizitverfahren gegen Österreich - die Maastricht-Grenze von 3 Prozent wird deutlich überschritten.
Wirtschaftsinstitute schlagen Alarm
Die Prognosen der führenden Forschungsinstitute WIFO und IHS liegen zwischen 4,1 und 4,4 Prozent für 2025. Der unabhängige Fiskalrat warnt vor einem dramatischen Szenario: Die Staatsschuldenquote könnte bis 2029 auf über 90 Prozent steigen - ein neuer Rekordwert.
"Unambitioniert" nennt der Fiskalrat den Konsolidierungskurs der Regierung. Auch 2026 wird die 3-Prozent-Marke klar verfehlt. Strukturreformen in Pensionen, Gesundheit und Pflege seien dringend nötig.
Billionen-Sparpaket bereits beschlossen
Die Regierung reagiert mit drastischen Maßnahmen: 6,4 Milliarden Euro Einsparungen für 2025, 8,7 Milliarden für 2026. Das Paket umfasst:
- Förderungen streichen
- Sozialleistungen einfrieren
- Gebühren erhöhen
Marterbauer begründet den Sparkurs: "Die Sanierung ist im nationalen Interesse - wir müssen steigende Zinszahlungen vermeiden."
Opposition attackiert Regierungskurs
Die politische Debatte eskaliert. Die FPÖ fordert eine "radikale Senkung der Staatsquote" und einen schlankeren Staat. Die Grünen kritisieren Einsparungen beim Klimaschutz als falsche Prioritätensetzung.
SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer verteidigt die Transparenz: Die Vorgängerregierung aus ÖVP und Grünen habe ein "Rekorddefizit" hinterlassen.
EU-Verfahren verschärft den Druck
Seit dem 8. Juli überwacht Brüssel die österreichischen Staatsfinanzen verschärft. Wien muss einen detaillierten Schuldenabbaplan vorlegen und regelmäßig Fortschritte melden.
Das Ziel: Bis 2028 soll das Defizitverfahren beendet sein. Gelingt das nicht, drohen theoretisch Geldstrafen - bisher aber noch nie verhängt.
Dilemma zwischen Sparen und Wachstum
Ökonomen sehen die Regierung im Zwiespalt. Einerseits sind Sparmaßnahmen für die EU-Regeln und Finanzmarktstabilität zwingend. Andererseits könnten zu harte Kürzungen die schwache Konjunktur weiter abwürgen.
Die Herbstprognosen der Wirtschaftsinstitute im Oktober werden zeigen, ob der eingeschlagene Weg erfolgreich ist. Die Balance zwischen Konsolidierung und Wachstum bleibt Österreichs größte finanzpolitische Herausforderung der kommenden Jahre.