Die österreichische Bundesregierung bringt die weitreichendste Mietrechtsreform seit Jahrzehnten auf den Weg. Erstmals erfasst eine Mietpreisbremse auch den bisher unregulierten privaten Neubaumarkt. Gleichzeitig verlängert sich die Mindestdauer befristeter Mietverträge von drei auf fünf Jahre.

Die Reform reagiert auf den rasanten Anstieg der Wohnkosten. Seit 2010 sind die Mieten in Österreich um über 70 Prozent gestiegen. Die Immobilienwirtschaft kritisiert das Paket als "wirtschaftsfeindlichen Eingriff".

Inflationsbremse schützt vor Mietexplosionen

Das neue "Mieten-Wertsicherungsgesetz" greift ab 2026 bei hoher Teuerung. Übersteigt die Inflation drei Prozent, darf nur die Hälfte des darüber liegenden Wertes an Mieter weitergegeben werden.

Ein Beispiel: Bei sechs Prozent Inflation steigt die Miete maximal um 4,5 Prozent. "Mieterinnen und Mieter werden nie wieder mit derartigen Preissprüngen konfrontiert", sagt Vizekanzler Andreas Babler.

Die Regelung gilt für neue und bestehende Verträge. Ausgenommen sind nur Ein- und Zweifamilienhäuser. Für bereits regulierte Bereiche wie Altbau- und Genossenschaftswohnungen gelten noch strengere Limits: 2026 maximal ein Prozent, 2027 höchstens zwei Prozent Erhöhung.

Fünf Jahre statt drei: Mehr Sicherheit für Mieter

Befristete Mietverträge müssen künftig mindestens fünf Jahre laufen. Die neue Regelung startet bereits im November für alle neu abgeschlossenen oder erneuerten Verträge.

Die Zahlen sprechen für sich: Im privaten Sektor sind bereits die Hälfte aller bestehenden und drei Viertel der neuen Mietverträge befristet. Bei jeder Verlängerung drohen erhebliche Mieterhöhungen.

Private Kleinvermieter mit weniger als fünf Wohnungen können weiterhin dreijährige Mindestlaufzeiten anbieten. Staatssekretär Josef Schellhorn: "Wir haben eine gute Balance zwischen Leistbarkeit und Verfügbarkeit gefunden."

Immobilienwirtschaft schlägt Alarm

Die Branche reagiert mit scharfer Kritik. Andreas Köttl, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler, nennt die Mietpreisbremse "defekt" und warnt vor "enormem wirtschaftlichen Vertrauensschaden".

Seine Argumentation: Die Inflationsrate lag seit dem EU-Beitritt 1995 nur selten über drei Prozent. Die Bremse bringe kaum Entlastung, hemme aber Investitionen in den Wohnbau.

Martin Prunbauer vom Haus- und Grundbesitzerbund spricht von einem "wirtschaftsfeindlichen Eingriff in Eigentumsrechte". Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft kritisiert den "unverhältnismäßigen Eingriff in bestehende Verträge".

Paradigmenwechsel mit Risiken

Die Reform markiert einen Wendepunkt: Erstmals erfasst die Preisregulierung auch den freien, privat finanzierten Neubaumarkt. Bisher konzentrierte sich die Politik auf Altbauten und den geförderten Sektor.

Das Dilemma: Mieterschutzorganisationen begrüßen den Schutz vor Preisexplosionen. Doch sinkende Rentabilität könnte Investoren abschrecken. Weniger Neubauten würden das Wohnungsangebot verknappen und den Preisdruck paradoxerweise wieder erhöhen.

Die kommenden Monate der Begutachtung werden zeigen, ob Änderungen am Gesetzestext noch möglich sind. Die universelle Mietpreisbremse soll ab 2026 greifen, die längeren Befristungen bereits ab November.