Die österreichische Regierung beschließt die größte Mietrechtsreform seit fast zwei Jahrzehnten. Ab 2026 gilt erstmals eine Obergrenze für Mieterhöhungen – auch im bisher unregulierten Neubaubereich.

Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) nennt das am 17. September verabschiedete Paket einen "großen Wurf" für leistbares Wohnen. Die Reform soll rund 75 Prozent aller Mietverhältnisse in Österreich entlasten.

Inflationsbremse deckelt Mieterhöhungen

Das neue "Mieten-Wertsicherungsgesetz" führt ab 2026 klare Regeln ein: Mieten dürfen nur noch einmal jährlich steigen – frühestens zum 1. April.

Die entscheidende Neuerung: Bei einer Inflation über drei Prozent wird nur noch die Hälfte des Mehrbetrags an Mieter weitergegeben. Bei sechs Prozent Inflation sind also maximal 4,5 Prozent Mieterhöhung erlaubt.

Diese Regelung gilt für praktisch alle Mietverträge. Nur Ein- und Zweifamilienhäuser bleiben ausgenommen.

Mindestvertragsdauer steigt auf fünf Jahre

Kurze Befristungen ermöglichten Vermietern bisher drastische Preissprünge bei jeder Verlängerung. Das ändert sich jetzt grundlegend.

Ab November 2025 müssen neue Mietverträge mindestens fünf Jahre laufen – bisher waren es drei Jahre. Private Vermieter mit weniger als fünf Wohnungen bleiben bei der Drei-Jahres-Regel.

Die Maßnahme soll Mietern mehr Planungssicherheit geben und wilde Preissprünge verhindern.

Verschärfung auch im regulierten Bereich

Selbst bereits regulierte Mieten werden stärker gebremst. Nach dem Mietenstopp 2025 folgen moderate Steigerungen:

  • 2026: maximal ein Prozent
  • 2027: maximal zwei Prozent
  • Ab 2028: dann greift auch hier die neue Inflationsbremse

Geteilte Reaktionen auf den Markteingriff

Mieterschutzorganisationen feiern das Gesetz als Meilenstein. Der Österreichische Gewerkschaftsbund begrüßt die Maßnahme, hätte sich aber ein komplettes Verbot befristeter Verträge gewünscht.

Scharfe Kritik kommt vom Haus- und Grundbesitzerbund: Die Vertreter sprechen von einem "Angriff auf das Eigentum".

Paradigmenwechsel nach Preisexplosion

Jahrelang galt der freie Mietmarkt als unantastbar. Doch die Zahlen zwangen zum Umdenken: Seit 2010 explodierten die Mieten in Österreich um über 70 Prozent – der EU-Schnitt lag bei nur 23,5 Prozent.

Selbst die konservative ÖVP trägt den Eingriff mit. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sieht die Maßnahme als notwendig gegen die Lohn-Preis-Spirale.

Die Kehrseite: Experten warnen vor sinkenden Investitionen in den Neubau. Zu starke Regulierung könnte das Wohnungsangebot langfristig verknappen.

Was kommt als nächstes?

Das Gesetzgebungsverfahren läuft. Die verlängerte Befristung startet im November 2025, die Preisbremse folgt 2026.

Für Mieter bedeutet das erstmals Atemraum bei explodierenden Wohnkosten. Vermieter müssen ihre Kalkulationen neu durchrechnen – besonders bei geplanten Neubauprojekten.

Der österreichische Wohnungsmarkt steht vor der größten Umwälzung seit Jahrzehnten.