Die österreichische Regierung beschließt eine der umfassendsten Mietrechtsreformen seit Jahren. Ab Januar 2026 gilt erstmals eine Preisbremse auch für private Mietverhältnisse - ein historischer Eingriff in den freien Wohnungsmarkt. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) spricht von einem "großen Wurf".

Inflationsbremse greift auch bei Neubau-Mieten

Die Revolution im Mietrecht: Erstmals werden auch private Vermieter bei Mieterhöhungen begrenzt. Ab 2026 dürfen Mieten nur noch einmal jährlich angepasst werden. Bei einer Inflation über drei Prozent wird nur die Hälfte des Überschusses an Mieter weitergegeben.

Das bedeutet konkret: Steigt die Inflation auf sechs Prozent, darf die Miete maximal um 4,5 Prozent erhöht werden. Diese Regelung erfasst alle neuen und bestehenden Mietverträge - ausgenommen sind lediglich Ein- und Zweifamilienhäuser sowie gemeinnützige Wohnungen.

Regulierte Mieten bleiben weiter gedämpft

Für bereits regulierte Altbau-Mieten und Gemeindewohnungen gelten noch schärfere Grenzen:

  • 2026: Maximal ein Prozent Erhöhung
  • 2027: Höchstens zwei Prozent Anstieg
  • Ab 2028: Neue Inflationsbremse wie im freien Markt

Diese gestaffelten Erhöhungen sollen hunderttausenden Haushalten Planungssicherheit geben.

Mindestbefristung steigt auf fünf Jahre

Schluss mit Ein-Jahres-Verträgen: Ab November 2025 müssen neue Mietverträge mindestens fünf Jahre laufen - bisher waren nur drei Jahre vorgeschrieben. Kleinvermieter mit weniger als fünf Wohnungen bleiben bei der Dreijahresfrist.

Die Maßnahme zielt direkt auf den Befristungs-Wildwuchs: Aktuell sind rund 440.000 Wohnungen befristet vermietet, oft mit drastischen Preissprüngen bei jeder Verlängerung.

Mietervertreter applaudieren - Kritik aus der Wirtschaft

Die Zahlen zeigen die Dringlichkeit der Reform: Seit 2010 explodierten Österreichs Mieten um über 70 Prozent - im EU-Schnitt waren es nur 23,5 Prozent. Die Mietervereinigung begrüßt das Paket als "wichtigen Schritt für mehr Sicherheit".

Doch es gibt auch Widerstand. Der Gewerkschaftsbund fordert einen generellen Mietdeckel von zwei Prozent und die komplette Abschaffung von Befristungen. Die Immobilienwirtschaft warnt vor sinkenden Investitionen.

Rückforderungen werden begrenzt

Eine weitere Neuerung: Zu viel bezahlte Mieten können nur noch fünf Jahre rückwirkend eingefordert werden. Bisher ermöglichte der Oberste Gerichtshof theoretisch Rückforderungen für bis zu 30 Jahre - ein rechtliches Damoklesschwert für Vermieter.

Ökologische Sanierung als nächster Schritt

Nach der geplanten Nationalrats-Abstimmung im Dezember soll das Gesetz pünktlich zum Jahreswechsel starten. Parallel arbeitet eine Expertengruppe an Vorschlägen für die ökologische Sanierung des Altbestandes - Ziel ist die Erreichung der Klimaziele bei gleichzeitiger Ankurbelung der Baukonjunktur.

Die Reform markiert einen Paradigmenwechsel: Erstmals greift der Staat umfassend in die Preisgestaltung des freien Wohnungsmarktes ein. Wie sich das auf Angebot und Nachfrage auswirkt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.