Österreich: EU startet Defizitverfahren

Die EU-Kommission zwingt Österreich zum Sparen. Bis zum 15. Oktober muss Wien einen detaillierten Plan vorlegen, wie das Budgetdefizit wieder unter die Drei-Prozent-Marke gedrückt werden soll.
Das war absehbar: Österreich verfehlt die Maastricht-Kriterien deutlich. Das Budgetdefizit lag 2024 bei 4,7 Prozent des BIP und wird auch 2025 mit 4,5 Prozent prognostiziert. Die erlaubte Obergrenze von drei Prozent ist damit klar überschritten.
Bereits im Juli eröffnete Brüssel offiziell das Verfahren. Österreich steht damit zum zweiten Mal seit 2009 unter verschärfter Haushaltsüberwachung der EU.
Corona und Teuerung als Preistreiber
Die Zahlen erzählen eine Geschichte multipler Krisen. 2019 hatte Österreich noch einen Budgetüberschuss. Dann kamen Corona-Hilfen, milliardenschwere Teuerungspakete und die Energiekrise.
Die Folge: Die Ausgabenquote schnellte von 49 Prozent (2019) auf über 56 Prozent (2024) hoch. Gleichzeitig schwächte die Rezession die Einnahmenseite erheblich.
WIFO und IHS hatten bereits früh vor dieser Entwicklung gewarnt. Ihre Prognosen: Ohne massive Gegenmaßnahmen bleibt das Defizit auch 2025 und 2026 deutlich über der Drei-Prozent-Marke.
Brüssel fordert klaren Fahrplan
Die EU-Kommission gibt den Takt vor. Bis zum 15. Oktober muss Österreich einen "Fiskalstrukturplan" vorlegen. Dieser muss glaubhaft zeigen, wie das Defizit bis spätestens 2028 wieder unter drei Prozent sinkt.
Nach der Einreichung folgt engmaschige Kontrolle: Österreich muss halbjährlich über Fortschritte berichten. Theoretisch drohen bei Verfehlung finanzielle Sanktionen - die allerdings noch nie verhängt wurden.
Regierung plant Milliarden-Sparpaket
Die Antwort der Regierung: ein Konsolidierungspaket mit schmerzhaften Einschnitten. 2025 sollen 6,4 Milliarden Euro eingespart werden, 2026 sogar 8,7 Milliarden Euro.
Die Maßnahmen im Detail:
* Klimabonus 2026 gestrichen
* E-Card-Gebühren erhöht
* Pauschale Kürzungen in allen Ministerien
Finanzminister Markus Marterbauer verteidigt den Kurs: "Lieber in Kindergärten und Gesundheit investieren statt hohe Zinsen zahlen." Kritiker warnen jedoch vor einer Konjunkturabwürgung durch zu rigides Sparen.
Österreich steht nicht allein da
Das Problem ist europaweit. Gleichzeitig mit Österreich leitete Brüssel Defizitverfahren gegen Frankreich, Italien, Belgien und Polen ein. Die Rückkehr zu strengen Fiskalregeln seit 2025 zwingt viele Regierungen zur Konsolidierung.
Für Österreich ist das besonders brisant: Die heimische Wirtschaft hinkt der Euroraum-Entwicklung hinterher. Der Spagat zwischen EU-Vorgaben und Wachstumsförderung wird zur Herkulesaufgabe.
Herbst der Entscheidungen
Die nächsten Wochen werden wegweisend. Nach Einreichung des Plans Mitte Oktober bewertet die Kommission die österreichischen Vorschläge. Dann zeigt sich, ob die Maßnahmen ausreichen.
Die Regierung muss einen schmalen Grat gehen: Einerseits die EU-Vorgaben erfüllen, andererseits die schwächelnde Konjunktur nicht weiter belasten. Bis 2028 soll das Defizitverfahren Geschichte sein - ob das gelingt, hängt vom wirtschaftlichen Verlauf ab.