Österreich bremst Mietpreise erstmals im freien Markt

Die österreichische Regierung hat die größte Mietrechtsreform seit 2006 beschlossen. Kern des Pakets: eine neue Mietpreisbremse, die ab 2026 erstmals auch für den bisher unregulierten privaten Wohnungsmarkt gilt.
Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) spricht von einem "historischen Schritt". Das am 17. September vom Ministerrat verabschiedete Paket soll die stark gestiegenen Wohnkosten eindämmen und rund 75 Prozent aller Mietverhältnisse entlasten.
Neue Inflationsbremse: 3-Prozent-Grenze als Wendepunkt
Die wichtigste Neuerung: Erstmals wird der freie Wohnungsmarkt reguliert. Mit dem "Mieten-Wertsicherungsgesetz" dürfen Vermieter künftig nur noch einmal pro Jahr die Miete anpassen.
So funktioniert die Bremse: Übersteigt die Inflation drei Prozent, darf nur die Hälfte des darüberliegenden Anteils an Mieter weitergegeben werden. Bei sechs Prozent Inflation sind somit maximal 4,5 Prozent Mieterhöhung erlaubt.
Die Regelung gilt für fast alle Mietverträge - ausgenommen sind nur Ein- und Zweifamilienhäuser. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) sieht darin einen Schutz vor der "Lohn-Preis-Spirale".
Regulierter Sektor: Preisdeckel bis 2028 verlängert
Für bereits regulierte Mieten (Altbau- und Gemeindewohnungen) werden die Preisbremsen ausgeweitet. Nach dem bereits für 2025 ausgesetzten Anstieg folgen moderate Erhöhungen: 2026 maximal ein Prozent, 2027 zwei Prozent.
Ab 2028 greift dann auch hier die neue Inflationsbremse. Ausnahme: Gemeinnützige Genossenschaftswohnungen bleiben unberührt, da sich deren Mieten nach den tatsächlichen Kosten richten.
Fünf statt drei Jahre: Längere Mietverträge als Standard
Neue Mietverträge müssen künftig mindestens fünf Jahre befristet werden - zwei Jahre länger als bisher. Das soll Mietern mehr Planungssicherheit geben und häufige Neuverhandlungen mit Preissprüngen verhindern.
Ausnahme für Kleinvermieter: Wer weniger als fünf Objekte vermietet, kann weiterhin auf drei Jahre befristen. Zusätzlich wird die Rückforderungsfrist für zu viel bezahlte Miete drastisch von 30 auf fünf Jahre verkürzt.
Preisexplosion als Reformtreiber
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Seit 2010 stiegen die Mieten in Österreich um über 70 Prozent, bei privaten Vermietungen sogar um 80 Prozent. Der Eurozone-Durchschnitt lag bei nur 23,5 Prozent.
Diese Entwicklung machte politisches Handeln unvermeidlich. Doch die Reform spaltet: Während Mietervereinigung und Arbeiterkammer den "wichtigen Schritt" loben, warnt der Haus- und Grundbesitzerbund vor sinkenden Investitionen.
Kritik: "Billige PR" oder echter Schutz?
Die Opposition zeigt sich skeptisch. Die FPÖ bezeichnet die Maßnahmen als "reine Kosmetik", Nina Tomaselli (Grüne) als "billigen PR-Gag". Ihr Argument: Die Inflation lag in den letzten 25 Jahren selten über drei Prozent - die Bremse würde daher kaum wirken.
Parlamentarische Hürden: Das Gesetzespaket geht diese Woche in die Begutachtung. Der Nationalrat soll im Dezember beschließen, damit die Reform planmäßig am 1. Januar 2026 starten kann.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Österreich mit dieser erstmaligen Regulierung des freien Marktes tatsächlich die Mietpreisspirale brechen kann - oder ob die Kritiker recht behalten.