Die Regierung drückt aufs Tempo: Ein umfassendes Konsolidierungspaket soll das Budgetdefizit bis 2028 wieder unter die EU-Grenze von drei Prozent drücken. Der Grund? Brüssel droht bereits mit einem offiziellen Defizitverfahren.

Nach Monaten intensiver Debatten und eindringlichen Warnungen aus der EU steht Österreich vor einem drastischen Sparkurs. Das Defizit liegt aktuell bei 4,7 Prozent des BIP - weit über der Maastricht-Grenze. Ohne Gegenmaßnahmen würde es 2025 sogar auf 5,8 Prozent ansteigen.

Die Regierung steht vor einem Dilemma: Die Staatsfinanzen müssen saniert werden, ohne die schwächelnde Konjunktur weiter abzuwürgen. Prognosen zeigen nur 0,8 Prozent Wachstum für 2025 - eine zusätzliche Hürde auf dem Sanierungsweg.

Wo der Rotstift ansetzt

8,7 Milliarden Euro sollen 2025 und 2026 kumuliert eingespart werden. Die Regierung setzt dabei auf mehrere Hebel:

  • Verwaltungskürzungen: Ressortbudgets werden breit gefasst reduziert
  • Förderungsabbau: Anpassung an den EU-Durchschnitt bringt 3,5 Milliarden Euro
  • Steuervorteile weg: E-Auto-Förderungen fallen
  • Sozialleistungen: Klimabonus wird angepasst
  • Gebühren steigen: Führerscheine und Zulassungsscheine werden teurer

Die Valorisierung von Bundesgebühren, seit 2020 ausgesetzt, wird nachgeholt. Das bedeutet: Bürger zahlen mehr für staatliche Dienstleistungen.

Brüssel macht Druck

Die EU-Kommission hat bereits im Frühjahr klargemacht: Ein Defizitverfahren ist gerechtfertigt. Im Juli wurde es offiziell eröffnet - Österreich muss nun regelmäßig Bericht erstatten.

Was bedeutet das konkret? Österreich unterliegt verstärkter Kontrolle aus Brüssel. Bis 15. Oktober müssen konkrete Maßnahmen vorgelegt werden, danach folgen halbjährliche Reports. Die Budgethoheit bleibt zwar national, doch die EU kann theoretisch Sanktionen empfehlen.

Österreich steht nicht allein da: Auch Belgien, Frankreich und Italien kämpfen mit Defizitverfahren. Die Nachwirkungen von Corona, Energiekrise und höhere Verteidigungsausgaben belasten ganz Europa.

Koalition unter Stress

Politisch wird es heikel: Die Verhandlungen über das Sparpaket führten zu öffentlichen Auseinandersetzungen in der Koalition. Ex-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gab bereits Ende 2024 zu: "Wir haben zu viel ausgegeben."

Wirtschaftsvertreter befürworten die Budgetdisziplin für internationale Reputation und Marktvertrauen. Gewerkschaften und Sozialverbände warnen hingegen vor einem "Belastungspaket" für die Bürger.

Das Institut für Höhere Studien (IHS) sieht die Konsolidierung als unumgänglich, fordert aber eine begleitende "Produktivitätsoffensive", um die Wirtschaft nicht zu lähmen.

Der steinige Weg bis 2028

Bis Mitte November bewertet die EU-Kommission den österreichischen Fiskalstrukturplan. Der Erfolgsdruck ist hoch: Nur strikte Budgetdisziplin und bessere Wirtschaftsentwicklung können das ambitionierte Ziel erreichen.

Das unterdurchschnittliche Wachstum macht die Sanierung besonders schwierig. EU-Experten empfehlen daher zusätzlich Reformen im Gesundheitswesen, eine Anpassung des Steuermixes und bessere Arbeitsmarktintegration.

Die kommenden Monate zeigen, ob Österreich seine finanzpolitische Souveränität zurückgewinnt - oder dauerhaft unter Brüsseler Aufsicht steht.