Österreich: Allianz gegen Konzern-Preisaufschläge gestartet

Acht EU-Länder starten heute den Frontalangriff gegen unfaire Preispolitik multinationaler Konzerne. Österreich führt die Allianz an, die in Brüssel ein hartes Durchgreifen gegen territoriale Lieferbeschränkungen fordert.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Bis zu 27 Prozent mehr zahlen österreichische Verbraucher für identische Markenprodukte im Vergleich zu Deutschland. Der Grund? Konzerne zwingen heimische Händler zum Einkauf über teurere nationale Vertriebswege und verbieten den direkten Import aus günstigeren EU-Ländern.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) überreichte heute beim EU-Wettbewerbsrat ein gemeinsames Positionspapier der Allianz. "Der Kampf gegen die Inflation hat oberste Priorität", erklärte er in Brüssel. Die künstlichen Handelshürden müssten endlich fallen.
66 Millionen Bürger fordern Fairness
Die Schlagkraft der Initiative ist beachtlich: Neben Österreich kämpfen Belgien, Tschechien, Luxemburg, die Niederlande, Kroatien, Griechenland und Slowenien für faire Preise. Zusammen repräsentieren sie 66 Millionen EU-Bürger.
Das Problem liegt in den sogenannten Territorial Supply Constraints (TSCs). Internationale Markenhersteller segmentieren damit den europäischen Binnenmarkt und hebeln dessen Grundprinzipien aus. Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde beziffert die Preisaufschläge auf mindestens 15 bis 20 Prozent.
Unterstützung kommt vom Handelsverband und der Wirtschaftskammer Österreich. Sie sehen sich selbst als Opfer dieser Preispolitik - nicht als deren Verursacher.
Fünf-Punkte-Plan statt Verzögerungstaktik
Die EU-Kommission wollte erst bis Ende 2026 "Werkzeuge" gegen Lieferbeschränkungen entwickeln. Viel zu spät, findet die Allianz und legt einen konkreten Fünf-Punkte-Plan vor:
- Sofortige Gesetzesvorschläge statt jahrelanger Studien
- Härteres Durchgreifen bei Vertragsverletzungen
- Gemeinsame Taskforce nationaler und europäischer Wettbewerbsbehörden
- Rechtliche Klarstellung im EU-Wettbewerbsrecht
- Schließung der Geoblocking-Lücken im Großhandelsmarkt
Die Dimension des Problems ist bekannt: Über 14 Milliarden Euro jährliche Mehrkosten tragen europäische Verbraucher laut EU-Kommissionsstudie. Die bestehende Geoblocking-Verordnung greift nicht, da sie nur Endkunden-Geschäfte erfasst.
Politischer Testfall mit Signalwirkung
Der Vorstoß ist mehr als Inflationsbekämpfung - er stellt die Marktmacht internationaler Konzerne grundsätzlich infrage. Experten erwarten heftigen Widerstand von Industrielobbys, da ein TSC-Verbot massiv in die Vertragsfreiheit eingreifen würde.
Doch der politische Druck steigt. Die anhaltend hohen Lebenshaltungskosten zwingen die Politik zum Handeln. Wird eine Mehrheit weiterer Mitgliedsstaaten folgen?
Langwieriger Kampf beginnt
Mit der Übergabe des Positionspapiers an EU-Kommissar Stéphane Séjourné startet der legislative Marathon. Selbst bei breiter Unterstützung rechnen Beobachter mit mehrjährigen Verfahren.
Das Signal ist dennoch eindeutig: Eine wachsende Zahl von EU-Staaten akzeptiert die künstliche Verteuerung zum Nachteil ihrer Bürger nicht länger. Für österreichische Konsumenten könnte es die deutlichste Initiative zur finanziellen Entlastung werden.