Österreich: 135 Millionen Euro Sozialleistungsbetrug aufgedeckt

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer fordert ein "Fairnesspaket" gegen systematischen Missbrauch. Allein 2024 entstanden Schäden von über 23 Millionen Euro - Tendenz steigend.
Die Zahlen sind alarmierend: Fast 4.900 Fälle von Sozialbetrug wurden 2024 zur Anzeige gebracht. Das entspricht einem Plus von 9,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Seit 2018 summiert sich der Gesamtschaden bereits auf 135 Millionen Euro.
Besonders dreist: Eine 31-jährige Wienerin verkaufte über 800 Torten, während sie Arbeitslosengeld bezog. 43 Frauen kassierten Karenzgeld, obwohl sie dauerhaft im Ausland lebten. Die Hälfte aller Betrugsfälle konzentriert sich auf Wien, 72 Prozent der Verdächtigen haben keine österreichische Staatsbürgerschaft.
Strengere Kontrollen und Sanktionen geplant
Hattmannsdorfers "Fairnesspaket" setzt auf mehrere Verschärfungen. Geplant sind Passkontrollen beim AMS, um nicht gemeldete Auslandsaufenthalte aufzudecken. Strengere Sanktionen bei Arbeitsverweigerung sollen dafür sorgen, dass nur wirklich Bedürftige Unterstützung erhalten.
Die Krankenstand-Kontrollen werden durch bundesweit einheitliche Standards intensiviert. "Unsere Solidarität ist keine Einbahnstraße", betont der Minister. "Wer das System ausnutzt, schadet uns allen."
Behörden sollen besser zusammenarbeiten
Ein verbesserter Datenabgleich zwischen AMS, Sozialversicherung, Finanz- und Meldebehörden soll Betrugsmuster schneller aufdecken. Gleichzeitig werden die Verfahren zur Rückforderung erschlichener Gelder gestrafft.
"Sozialbetrug ist kein Kavaliersdelikt", macht Hattmannsdorfer deutlich. "Jeder erschwindelte Euro fehlt bei Pflege, Bildung oder Sicherheit."
Europa-Trend: Sozialsysteme unter Druck
Österreich steht mit dem Problem nicht allein da. Deutschland plant ebenfalls schärfere Maßnahmen: Ein "Kompetenzzentrum Leistungsmissbrauch" soll organisierten Betrug bekämpfen. Die CDU fordert zudem schärfere EU-Regeln zur Arbeitnehmerfreizügigkeit.
Die Initiative zeigt: Nationalstaaten suchen angesichts steigender Belastungen nach Wegen, ihre Sozialsysteme zu schützen. Das "Fairnesspaket" wird in den kommenden Monaten den parlamentarischen Prozess durchlaufen - und könnte zum Gradmesser für den politischen Willen werden, den Sozialstaat aktiv zu verteidigen.