Erstmals seit vielen Jahren überweist die Oesterreichische Nationalbank für das abgelaufene Geschäftsjahr 2022 an den Finanzminister keine Dividende; das bedeutet eine Mindereinnahme des Staates in Höhe von 2 bis 3 Milliarden Euro. Der Grund dafür: Die Nationalbank hat im Gefolge der im Vorjahr abgestürzten Finanzmärkte - sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen - sowie wegen der höchst ungewöhnlichen Geldpolitik zur Stabilisierung der Finanzmärkte höhere Ausgaben als Einnahmen gehabt. Die Einlagen der heimischen Geschäftsbanken bei der Nationalbank haben zu höheren Zinsaufwendungen geführt, die deutlich hinter den Zinserträgen aus den niedrig verzinsten Vermögenswerten zurückblieben. Dieses Phänomen wird auch in den nächsten Jahren auftreten, wahrscheinlich bis zu zehn Jahre lang. Das bedeutet in Summe bis zu 35 Milliarden Euro Einnahmenentfall für den österreichischen Finanzminister. Das ist eine schlechte Botschaft für die österreichische Finanzpolitik.

Die gute Nachricht ist, dass Expertenanalysen – etwa durch international anerkannte Ratingagenturen wie Standard & Poor’s, Fitch oder Moody’s –, aber auch die nationale Finanzmarktaufsicht den österreichischen Banken eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen auf den globalen Finanzmärkten attestieren. Die Kapitalisierung österreichischer Banken, das Verbindlichmachen von nachhaltigen Kreditvergabestandards sowie die Sicherstellung einer stabilen lokalen Refinanzierung in lokaler Währung ist laut Experten in unserem Land anerkennenswert. Die Folge davon ist: Neben den Banken der skandinavischen Länder wird auch jenen der Schweiz und Österreichs die niedrigste Risikostufe bestätigt.

Gouverneur Holzmann schließt daraus: „Die österreichischen Banken sind gut aufgestellt und auf etwaige neu auftretende Probleme gut vorbereitet. Das österreichische Bankensicherungssystem hat sich bewährt, auch in der aktuellen Bankenkrise.“

Zweifel an der Sanierung der Finanzmärkte.

Solche Zusicherungen klingen gut in Bankerohren. Weniger gut in den Ohren von Bankkunden und Verbraucherverbänden. In der „Wiener Zeitung“ vom 23. März 2023 beispielsweise erinnert der Gemeinwohl-Ökonom Christian Felber an die Folgen der großen globalen Finanzkrise von 2008/2009. Damals habe die deutsche Kanzlerin Angela Merkel verkündet, dass künftig „alle Finanzmärkte, -produkte und -akteure reguliert und überwacht werden“. Ende 2014 hätte Merkel versprochen, „dass Steuerzahler nie wieder dafür eintreten müssen, dass große Banken zusammenbrechen“. Nun, 15 Jahre später, wird in der zweitgrößten Bankeninsolvenz in der US-Geschichte die Silicon Valley Bank (svb) von der staatlichen Einlagensicherung übernommen, wenige Tage später verhindert die Schweizer Nationalbank den Totalkollaps des Flaggschiffs Credit Suisse. „Das Chaos auf den Finanzmärkten ist zurück“, stellt Christian Felber fest und fragt: Es wurde offenbar quantitativ überreguliert, aber die entscheidenden Zügel wurden dabei nicht gestrafft. Was kann aus dem aktuellen Fall gelernt werden und welche wirksamen Reformen könnten eine Endlos-Wiederholung der Geschichte verhindern?“

Er macht dazu mehrere Vorschläge: 1. das Einziehen einer Größenschwelle für Banken mit höchstens 100 Milliarden Euro Bilanzsumme; dann gäbe es keine Banken mehr, die zu groß seien um in Insolvenz geschickt zu werden. 2. Ein weiterer Vorschlag betrifft die Eigenkapital-Anforderungen an die Banken; sie sollten stark progressiv gestaltet werden. 3. Privaten Bankeigentümern müsse eine Nachschusspflicht für ihre taumelnden Institute auferlegt werden, um öffentliche Zuschüsse zur Bankenrettung zu verhindern.

Die wahren Aufgaben der Bankenaufsicht.

Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Holzmann, macht gegenüber dem Börsen-Express kein Hehl aus seinen Zweifeln, dass mit den obigen Vorschlägen Bankenpleiten ein für alle Male ausgeschlossen werden können. „Die Bankenaufsicht hat nicht die Aufgabe, taumelnde Banken zu retten. Sie hat auch nicht die Aufgabe, die Geschäftsmodelle von Banken zu analysieren bzw. ihnen neue Geschäftsmodelle vorzugeben.“

Holzmann sieht die Ursachen der jüngsten Bankenpleiten sowohl in der Schweiz als auch in den USA in einem schlechten Management. „Bankenpleiten wird es daher auch in Zukunft geben; denn solche sind auch durch die rigorosesten Regelungen nicht zu verhindern. Was die Bankenaufsicht tun kann und soll, ist die Auswirkungen von Bankpleiten auf deren Kunden oder den Staat zu entschärfen; Staat und Steuerzahler sollen durch Bankenpleiten nicht belastet werden. Die betroffenen Banken und deren Manager müssen die finanziellen Folgen von Pleiten tragen und sie nicht anderen umhängen.“

 

 

Aus dem Börse Express PDF vom 24.03.2023 

Screen 24032023

 

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