Private EigentümerInnen und VermieterInnen wehren sich gegen die Pläne der Justizministerin.

Wien (OTS) - ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer zeigt sich empört über die von Bundesministerin Dr. Alma Zadic angekündigten Maßnahmen, mit denen die im 2. Covid-19-Justiz-Begleitgesetz beschlossenen Stundungsmöglichkeiten für Zahlungsrückstände von Wohnungsmieten aus dem 2. Quartal um weitere drei Monate verschoben werden. Als „Schuss in die falsche Richtung“ bezeichnet er die über Antrag des Mieters mögliche Verlängerung eines Aufschubs der Räumungsexekution aus jedweden Gründen bis zum 30. Juni 2021.

Weitere Stundung der Miete bis 31.12.2020

Wer jetzt die Mieten aus dem zweiten Quartal nicht nachzahlen kann, wird es auch künftig nicht tun können!“ bringt RA Dr. Martin Prunbauer die Folgen der geplanten Regelung auf den Punkt und ergänzt: „Selbst dann nicht, wenn irgendwann wieder „normale Verhältnisse“ herrschen, bleibt der Vermieter übrig, weil die Beträge nicht eintreibbar sind. Da helfen mir auch die 4% Zinsen nichts.“

Heftige Kritik des ÖHGB bereits im Frühjahr

Der ÖHGB kritisierte bereits die Anfang April dieses Jahres durchs Parlament gewunkenen Bestimmungen über den Räumungsaufschub. Diese sind aus Sicht des ÖHGB verunglückt, weil völlig undifferenziert und ohne Einschränkungen eine Aufschiebung aus jedweden Gründen ermöglicht wurde. Weder wird vorausgesetzt, dass es sich um eine durch die COVID-19-Pandemie verursachte Notlage handelt, noch wird differenziert, ob es sich um eine Räumung aufgrund einer Kündigung oder dem bloßen Ablauf einer Befristung handelt. Ist dem Aufschub eine rechtskräftige Kündigung vorausgegangen, bedeutet dies, dass ausnahmslos jeder Kündigungsgrund von einem möglichen Räumungsaufschub erfasst ist.

Tragweite des Räumungsaufschubes nicht berücksichtigt

„Was dies im Klartext bedeutet, erläutert Prunbauer anhand einiger Fälle aus der Praxis:
Eine weitere Verlängerung eines Räumungsaufschubes kann jenen Personen gewährt werden, die – ohne Zusammenhang mit Corona – über lange Zeit Mietzinsrückstände angehäuft haben und nun nach wie vor in der Wohnung bleiben können. Ob und wann ein Vermieter hier seine Miete bekommt ist mehr als nur fraglich.

Andere Fälle betreffen rechtskräftige Kündigungen wegen grob nachteiligen Gebrauchs, also wenn der Mieter die Substanz gefährdet. Es kann nicht angenommen werden, dass ein Mieter, der bereits in der Vergangenheit ein solches Verhalten gesetzt hat, mit dem Freibrief der möglichen Verlängerung eines Räumungsaufschubes, künftig davon ablässt. Der Vermieter muss dem rechtskräftig gekündigten Mieter also – unabhängig von der Kostentragung - quasi zusehen, wie dieser dem Haus auch weiterhin Schaden zufügt.

Noch bedenklicher zeigt sich die missglückte Regelung anhand von Fällen, in den Personen wegen unleidlichen Verhaltens das Haus zum Schutz der Wohngemeinschaft verlassen sollten und nun noch länger bleiben können. „Denken wir an einen Mieter, der jeden Tag die übrigen Mitbewohner beschimpft oder bedroht, möglicherweise auch kleine Kinder in Angst und Schrecken versetzt und damit quält“ erklärt Prunbauer die Tragweite. Hier missversteht das Bundesministerium ganz offensichtlich den Zweck dieses Kündigungsgrundes, der ja nicht nur dem Schutz eines einzelnen Mieters dienen soll, sondern die übrigen Mieter und den Frieden im Haus schützen soll.

Eine weitere Verlängerung wirkt auf diese Personen wie eine Einladung, die schwerwiegenden Gründe, die zu einer rechtskräftigen Kündigung geführt haben, ungeniert fortzusetzen. Wie wenig darüber im Einzelfall nachgedacht worden sein dürfte, ergibt sich schon aus dem Widerspruch, der in den Vorgaben der Bundesregierung besteht: Die Menschen werden einerseits aufgefordert in ihrem Zuhause zu bleiben, andererseits leben im gleichen Haus auch Personen, die beispielsweise gefährlich sind, drohen, Angst verbreiten.

Gesetzliche Regelung über den Aufschub der Räumungsexekution ist eigentumsfeindlich

Leider wird hier völlig übersehen, dass die Bezahlung der Betriebskosten und Instandhaltung eines Gebäudes, damit MieterInnen darin sicher wohnen und ihren Tätigkeiten nachgehen können, weiterhin bezahlt werden müssen“, ergänzt Prunbauer. Angesichts der vielen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, die die Bundesregierung ins Leben gerufen hat, um die finanziellen Schwierigkeiten der betroffenen Menschen und Unternehmen möglichst gering zu halten und so gut wie möglich abzufedern, ist diese Vorgangsweise schlicht eigentumsfeindlich.

Wohnen ist ein Grundbedürfnis

Wohnen ist zweifellos ein Grundbedürfnis, aber verständlicherweise nicht in den Katalog der verfassungsmäßig gewährleisteten Grund- und Freiheitsrechte in Österreich aufgenommen. Dass das Recht auf Wohnen kein Grundrecht ist, liegt auch daran, dass es wie die meisten anderen sozialen Ansprüche faktisch nicht durchsetzbar ist. Denn wie sollte ein Einzelner beispielsweise ein „Recht auf Arbeit“ gegenüber dem Staat durchsetzen können?

Wenn nun der Staat dem Einzelnen mangels Durchsetzbarkeit keine Garantie auf ein „Recht auf Wohnen“ abgeben kann, entbindet ihn das aber nicht von seiner Verantwortung, für das Wohlergehen der Bevölkerung zu sorgen. „Im Rahmen der Sozialpolitik ist die öffentliche Hand zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins gefordert, um Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen eine soziale Unterstützung zukommen zu lassen. Das ist aber keine Aufgabe der privaten Vermieter. Ein Justizminister/eine Justizministerin sollte das alles logischerweise wissen.“, schließt Prunbauer seine Ausführungen. Über das Recht auf Eigentum aber verliert die Justizministerin aber kein Wort.