Nvidia, Rheinmetall & E-Autos: Drei Märkte, drei Wahrheiten
Liebe Leserinnen und Leser,
62 Milliarden Dollar Umsatz in einem Quartal – für die meisten Unternehmen wäre das ein Grund zum Feiern. Für Nvidia war es diese Woche lediglich die Eintrittskarte, um nicht abgestraft zu werden. Doch selbst Rekorde schützen nicht mehr vor Zweifeln: Während der KI-Chip-Gigant mit Zahlen glänzte, die jeden Vergleich sprengen, fragten sich Anleger plötzlich, ob der Höhepunkt bereits erreicht ist. Parallel dazu erlebte die deutsche Rüstungsbranche einen ihrer schwärzesten Handelstage – und bei den Elektroautos zeigt sich, dass hinter den offiziellen Zulassungszahlen eine unbequeme Wahrheit steckt.
Wenn 62 Milliarden nicht genug sind: Nvidias Dilemma
Die Zahlen, die Nvidia am Mittwochabend präsentierte, waren eigentlich ein Grund zum Jubeln. Der Umsatz kletterte im dritten Quartal auf 57 Milliarden Dollar – ein Plus von 94 Prozent im Jahresvergleich. Der Gewinn? Mit 19,3 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Und trotzdem: Die Aktie verlor zeitweise über 3 Prozent, bevor sie sich am Freitag leicht erholte.
Was war passiert? Die Antwort liegt weniger in den Zahlen selbst als in dem, was sie nicht mehr liefern können: Überraschung. Analysten hatten die Messlatte so hoch gelegt, dass selbst diese Rekordergebnisse kaum noch beeindrucken konnten. Hinzu kommt eine Sorge, die sich durch die gesamte Tech-Branche zieht: Ist der KI-Boom bereits eingepreist? Haben die Bewertungen ein Niveau erreicht, das selbst durch spektakuläres Wachstum nicht mehr zu rechtfertigen ist?
Besonders aufschlussreich: Peter Thiels Founders Fund hat sich im dritten Quartal komplett von seiner Nvidia-Position getrennt. Ein Zeichen dafür, dass selbst überzeugte Tech-Investoren beginnen, Gewinne mitzunehmen. Die Bank of England und die EZB warnten in den vergangenen Wochen explizit vor überhitzten KI-Bewertungen und systemischen Risiken, die von dieser Konzentration ausgehen könnten.
Für deutsche Anleger bedeutet das: Nvidia bleibt ein faszinierendes Unternehmen mit außergewöhnlicher Marktstellung – aber die Phase, in der jede Überraschung nach oben belohnt wurde, könnte vorerst vorbei sein. Die Frage ist nicht mehr, ob Nvidia wächst, sondern ob das Wachstum schnell genug ist, um die Erwartungen zu erfüllen.
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Blutbad bei Rüstungsaktien: Was hinter dem Absturz steckt
Der Freitag war für deutsche Verteidigungsaktien ein Tag zum Vergessen. Rheinmetall, Hensoldt und vor allem Renk erlebten massive Kursverluste. Besonders dramatisch traf es den Augsburger Antriebsspezialisten: Die Renk-Aktie stürzte um über 8 Prozent ab – nicht etwa, weil das Unternehmen enttäuscht hätte, sondern weil die Erwartungen mittlerweile derart in die Höhe geschossen sind, dass selbst solide Aussichten nicht mehr ausreichen.
Ein Missverständnis, das in einigen Berichten kursierte, verschärfte die Lage zusätzlich: Renk wird nicht Naval Vessels Lürssen (NVL) übernehmen – diese Akquisition läuft über Rheinmetall. Dennoch wurden die Zukunftsprognosen von Renk teilweise mit bereits eingepreisten Übernahmen anderer Unternehmen vermischt, was für zusätzliche Verwirrung sorgte.
Die eigentliche Botschaft hinter dem Kursrutsch: Der Rüstungsboom, der nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Branche beflügelt hatte, wird nun kritischer bewertet. Anleger fragen sich, ob die Auftragsbücher tatsächlich so prall gefüllt bleiben, wie es die Bewertungen suggerieren. Rheinmetall etwa hat beim Kapitalmarkttag ambitionierte Ziele für 2030 vorgelegt – Umsatz von 50 Milliarden Euro, ein Drittel mehr als erwartet. Doch die Reaktion des Marktes war verhalten: Die Aktie fiel trotz dieser Perspektiven.
Was bedeutet das? Die Branche bleibt fundamental stark, keine Frage. Die geopolitischen Spannungen sorgen für anhaltend hohe Verteidigungsbudgets in Europa. Aber die Phase, in der jede positive Nachricht mit Kurssprüngen belohnt wurde, ist vorbei. Jetzt zählt Lieferfähigkeit, nicht nur Auftragseingänge.
E-Auto-Zahlen: Wenn Eigenzulassungen die Statistik schönen
Die deutschen E-Auto-Zahlen wirken auf den ersten Blick ermutigend: Der Anteil rein elektrischer Fahrzeuge lag in den ersten zehn Monaten bei 18,4 Prozent. Doch hinter dieser Zahl verbirgt sich eine unbequeme Wahrheit: Fast jeder vierte neu zugelassene Stromer ist eine Eigenzulassung durch Hersteller oder Handel.
102.520 solcher Eigenzulassungen gab es bis Oktober – mehr als 50 Prozent mehr als in den beiden Vorjahren. Vor allem die Autohersteller selbst haben ihre Eigenzulassungen verzweieinhalbfacht. Was auf dem Papier wie wachsende Nachfrage aussieht, ist in Wirklichkeit oft ein verzweifelter Versuch, Absatzziele zu erreichen, wenn die echte Kundennachfrage schwächelt.
Die Folge: Diese Fahrzeuge landen als Kurzzulassungen oder junge Gebrauchtwagen mit deutlichen Preisabschlägen auf dem Markt – und drücken die Restwerte. Für E-Autos lag der Restwert nach drei Jahren im Oktober bei nur noch 48,8 Prozent des ursprünglichen Listenpreises. Vor zwei Jahren waren es noch 58,1 Prozent. Bei Verbrennern hingegen liegen die Werte mit 63 Prozent (Benziner) und 61,3 Prozent (Diesel) deutlich höher.
Thomas Peckruhn, Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, bringt es auf den Punkt: Der Markt schöpfe derzeit nicht aus einer "echten Kundennachfrage", sondern werde "vor allem durch künstliche Impulse der Hersteller und Händler getragen". Die Wachstumsraten der Elektromobilität seien daher "stark überzeichnet".
Für Käufer könnte das paradoxerweise eine Chance sein: Wer bereit ist, einen jungen Gebrauchten zu nehmen, findet derzeit attraktive Angebote. Für die Branche jedoch ist es ein Warnsignal. Solange die Infrastruktur nicht flächendeckend ausgebaut ist und die Ladekosten hoch bleiben, wird die Elektromobilität nicht aus eigener Kraft abheben.
Bitcoin unter Druck: Die 80.000-Dollar-Zäsur
Auch Bitcoin erlebt turbulente Tage. Nach dem Allzeithoch Anfang Oktober ist die größte Kryptowährung deutlich zurückgekommen und notiert aktuell bei rund 84.000 Dollar. Das Protokoll der US-Notenbank Fed hat die Erwartungen an eine Zinssenkung im Dezember wieder in Zweifel gezogen – und das belastet risikobehaftete Assets wie Kryptowährungen besonders stark.
Während Cathie Wood von ARK Invest weiterhin an ihrer bullischen Prognose von 1 Million Dollar pro Bitcoin festhält, zeigt sich am Markt eine deutliche Nervosität. Die Altcoins, also die kleineren Kryptowährungen, traf es noch härter. Viele verloren zweistellig, während Bitcoin zumindest oberhalb der psychologisch wichtigen 80.000-Dollar-Marke bleiben konnte.
Die Frage, die sich stellt: War der Anstieg nach der US-Wahl nur eine kurzfristige Euphorie, oder handelt es sich um eine gesunde Konsolidierung vor dem nächsten Aufwärtstrend? Die institutionelle Nachfrage bleibt robust, und die makroökonomischen Rahmenbedingungen – steigende Staatsschulden, anhaltende Inflationssorgen – sprechen langfristig für Bitcoin als alternatives Wertaufbewahrungsmittel. Kurzfristig jedoch dominiert die Unsicherheit über den Zinskurs der Fed.
Was die Woche lehrt
Diese Woche hat eindrucksvoll gezeigt, dass wir in eine neue Marktphase eingetreten sind. Rekorde allein reichen nicht mehr. Ob bei Nvidia, Rheinmetall oder den E-Auto-Zahlen: Anleger schauen genauer hin, hinterfragen die Nachhaltigkeit von Trends und nehmen Gewinne mit, wenn die Bewertungen zu ambitioniert erscheinen.
Das ist keine schlechte Nachricht. Im Gegenteil: Ein Markt, der kritischer wird, ist auf lange Sicht gesünder als einer, der blind jedem Hype folgt. Für Anleger bedeutet das: Qualität wird wichtiger als Momentum, Substanz wichtiger als Storytelling. Wer jetzt investiert, sollte sich fragen, ob ein Unternehmen auch dann noch attraktiv ist, wenn die Euphorie verflogen ist.
In der kommenden Woche stehen weitere Quartalsberichte an – unter anderem von Zoom, NIO und Salesforce. Es wird spannend zu beobachten, ob die kritischere Haltung der Anleger anhält oder ob positive Überraschungen wieder für Rückenwind sorgen können.
Bis dahin wünsche ich Ihnen ein erholsames Wochenende und einen klaren Blick auf die Märkte.
Herzliche Grüße
Andreas Sommer








