Zunächst einmal: Was ist das Metaverse überhaupt? Erstmals skizzierte der US-Autor Neal Stephenson in seinem 1992 veröffentlichen Roman „Snow Crash“ eine riesige, räumlich gestaltete Onlinewelt, in der die Menschen in Form von Avataren vor der eintönigen Realwelt flohen, um sich in der virtuellen Parallelwelt neu zu erfinden. Heute, 30 Jahre später, wird diese digitale Fiktion zunehmend zur Realität.

Vor allem die großen Online-Spielehersteller haben in den vergangenen Jahren gezeigt, wohin der Weg führen wird. Weltweit bewegen sich inzwischen hunderte Millionen Gamer in virtuellen Welten, um Autorennen zu fahren, Länder zu erobern oder komplexe Strategiespiele zu lösen. Dabei geben die Spieler zum Teil erhebliche Summen aus, um Waffen zu kaufen, Autos zu tunen oder ihren Avatar einfach nur besser aussehen zu lassen. Bezahlt wird mit der jeweils gültigen, digitalen Währung.

Seit einigen Jahren nutzen die Spielehersteller ihr Knowhow, um jenseits des Online-Gamings neue Kunden anzulocken, indem sie zum Teil riesige Events streamen. So verfolgten 2020 mehr als 12 Millionen Menschen an ihren PCs und Smartphones die Show eines bekannten US-Rappers. Mit einem Silvesterkonzert sorgte die amerikanische Hotelerbin Paris Hilton für Aufsehen. Nutzer konnten eine Nachbildung des Anwesens der Society-Berühmtheit in Beverly Hills besuchen, mit ihrem Sportwagen fahren oder sich auf ihrer Promi-Yacht umsehen – und gegen kleines Geld sogar virtuelle Kleider oder die Fahrt mit einem digitalen Jet-Ski kaufen.

Mit dem Metaverse der Zukunft haben solche Events jedoch relativ wenig zu tun. Da sich kaum abschätzen lässt, wie sich das Metaverse einmal entwickeln wird (so wie früher unklar war, wie mal das Internet im Jahr 2022 aussehen wird), gibt es noch keine allgemein gültige Definition, was unter Metaverse konkret zu verstehen ist. Zumal sich der Begriff nicht wirklich auf eine bestimmte Art von Technologie bezieht, sondern eher auf eine umfassende Veränderung der Art und Weise, wie wir mit Technologie interagieren. Offen ist auch noch, ob es ein großes Metaverse geben wird. Aus heutiger Sicht ist sehr wahrscheinlich, dass zunächst mehrere kleine Metaverse-Plattformen von diversen Anbietern entstehen.

Absehbar ist aber: Ein oder das Metaverse wird eine von einzelnen Personen, privaten Gruppen oder Unternehmen erstellte und gestaltete virtuelle Welt sein, die für jeden zugänglich ist. In dieser künstlichen Welt wird es alles (und wahrscheinlich noch viel mehr) geben, wie wir es aus unserem echten Leben kennen: Straßen, Häuser, Seilbahnen und Strandcafés, aber auch Partys, Univorlesungen oder Modeschauen. Wir werden Führungen durch Schloss Neuschwanstein buchen, mit einem Ärzteteam eine wichtige Operation besprechen oder einfach nur mit einem guten Freund spaziergehen können.

Das Metaverse wird niemals pausieren. Alle Tätigkeiten und Vorkommnisse werden zudem in Echtzeit stattfinden und es wird keine Obergrenze für Teilnehmer geben (das heißt es können sich beliebig viele Menschen im Metaverse aufhalten). Das Metaverse wird somit immersiv sein, das bedeutet: Nutzerinnen und Nutzer werden Inhalte nicht mehr nur konsumieren (wie wir es vom heutigen Internet kennen), sondern in sie eintauchen.

Folgt man diesen Prinzipien ist auch klar, was das Metaverse nicht ist: Es ist kein Spiel mit einem zu erreichenden Ziel, es ist kein neuer App-Store und auch keine neue Social-Media-Plattform. Möglicherweise wird auch die Navigation über große Plattformen der Vergangenheit angehören. Stattdessen werden wir uns in Umgebungen bewegen, die ihren Nutzerinnen und Nutzern gehören.

Dabei muss unterschieden werden zwischen zwei verschiedenen Ansätzen: Der Augmented Reality (AR) und der Virtual Reality (VR). In der erweiterten Realität (AR) werden in die Augmented-Reality-Brillen Hologramme eingeblendet, um die bestehende Wirklichkeit zu ergänzen. So können beim Betreten eines Kaufhauses attraktive Rabattaktionen oder beim Autofahren Warnhinweise auf einen Unfall angezeigt werden. In der rein virtuellen Realität hingegen wird eine gänzlich neue Welt erschaffen, die mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun hat. Um sich in dieser Welt bewegen zu können, sind VR-Brillen nötig.

Damit aus den Metaverse-Fantasien tatsächlich virtuelle Welten entstehen, müssen allerdings noch etliche technische Voraussetzungen geschaffen werden. Eine der wichtigsten ist die Entwicklung leichter und bequemer AR- und VR-Brillen. Bislang sind die Dinger klobig und unpraktisch. Diverse Tech-Konzerne arbeiten mit Hochdruck daran, moderne und leistungsfähige Brillen zu entwickeln.

Eine notwendige Voraussetzung für das künftige Metaverse ist, dass alles und für jeden Nutzer in Echtzeit passiert. Vor diesem Hintergrund stellt die Einführung des 5G-Mobilfunkstandards einen wichtigen Schritt für das „Instant Internet“ dar. Für die Datenverarbeitung, gerade im Hinblick für die dreidimensionale Darstellung, werden immense Rechenleistungen benötigt, für die extrem leistungsstarken Mikrochips entwickelt werden müssen. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist ein wichtiger Schlüssel zum Metaverse.

Neben den technischen Voraussetzungen sind rechtliche, soziale und politische Themen zu klären. Denn Kriminalität oder Rassismus machen auch vor der virtuellen Welt nicht halt. Viele Dinge wie Verbraucherschutz, das Recht auf Privatsphäre, die Frage der Identitäten (ob sich z.B. KI-Gestalten als Menschen ausgeben dürfen) oder der Schutz von Minderheiten müssen geregelt werden.

Für das Finanzsystem innerhalb des Metaverse werden die sogenannten NFTs (Non-Fungible Token) eine wichtige Rolle spielen. Dabei handelt es sich – einfach ausgedrückt – um digitale Wertmarken, die untrennbar mit einzelnen Vermögenswerten wie Kunstgemälde, Musikstücke oder Immobilien verbunden sind. Dabei kann es sich um reale, aber auch digitale Vermögenswerte handeln. So hat Sotheby’s auf der Virtual-Reality-Plattform Decentraland bereits ein rein digitales Auktionshaus eröffnet, in dem NFT-Kunstwerke ausgestellt und versteigert werden.

Von Fantasterei kann also keine Rede mehr sein, das Metaverse wird bereits greifbar. Und es ist absehbar, dass für das Web 3.0 immense Summen investiert werden – und es etliche Profiteure geben wird. Dem Marktforschungsunternehmen Vantage Market Research zufolge könnte das Metaverse bis 2028 ein potenzielles Umsatzniveau von 800 Milliarden Dollar erreichen. Analysten von Morgan Stanley prophezeien ein jährliches Marktpotenzial von etwa acht Billionen Dollar.

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Aus dem Börse Express PDF von 25. April hier zum Download

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