Deutschlands Jugend leidet – und das hat einen Preis. Eine aktuelle IW-Studie warnt vor den dramatischen wirtschaftlichen Folgen unbehandelter psychischer Erkrankungen bei jungen Menschen.

Die Zahlen sind alarmierend: 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen fühlen sich einsam, 17 Prozent zeigen depressive Symptome. Was als individuelles Leid beginnt, entwickelt sich zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem mit enormen Kosten.

Krisen-Generation unter Dauerstress

Global betrachtet wächst eine Generation im permanenten Ausnahmezustand auf. Pandemie, Kriege, Klimawandel – die Liste der Belastungen ist lang.

Die CoPsy-Längsschnittstudie zeigt: Vor Corona fühlten sich 14 Prozent der Jugendlichen einsam. Heute sind es 21 Prozent. Das Deutsche Schulbarometer bestätigt den Trend: Jeder fünfte 8- bis 17-Jährige stuft sich als psychisch auffällig ein.

Besonders beunruhigend: Fast 40 Prozent machen sich "oft" oder "sehr oft" Sorgen über Kriege. Dazu kommen Schlafstörungen, Erschöpfung und andere psychosomatische Beschwerden.

Von der Schulbank in die Frührente

Die IW-Forscher belegen einen klaren Zusammenhang: Psychische Probleme führen zu Schulabbrüchen, gescheiterten Ausbildungen und Erwerbsausfällen.

Die Kosten sind bereits heute dramatisch:
* 56,4 Milliarden Euro direkte Gesundheitskosten jährlich
* 147 Milliarden Euro gesamtwirtschaftliche Schäden
* Zwei Drittel aller Erwerbsminderungsrenten bei jungen Menschen gehen auf psychische Erkrankungen zurück

Bei den unter 30-Jährigen steigt dieser Anteil sogar auf 65,7 Prozent. Das IW spricht von einem "alarmierenden Bild".

Familie, Mobbing, Social Media: Die Risiko-Trias

Was macht junge Menschen krank? Die IW-Studie identifiziert drei Hauptfaktoren:

Familiäre Konflikte stehen laut Monitor Bildung und Psychische Gesundheit ganz oben auf der Liste. Psychotherapeuten sehen hier den größten Risikofaktor.

Mobbing verstärkt die Belastungen zusätzlich. Gleichzeitig durchlaufen Jugendliche massive Umbauprozesse im Gehirn, die sie besonders anfällig machen.

Übermäßiger Medienkonsum verschärft das Problem. Social Media zeichnet oft ein idealisiertes Bild der Realität und verstärkt Gefühle der Unzulänglichkeit.

Prävention statt Reparatur

Experten fordern eine nationale Strategie, die alle Bereiche verzahnt. Die Hälfte aller psychischen Erkrankungen beginnt vor dem 15. Lebensjahr, drei Viertel vor dem 25. Geburtstag.

Initiativen wie die "Mental Health Coaches" des Bundesjugendministeriums sind ein Anfang. Doch sie reichen nicht aus. Bildungs-, Familien- und Sozialpolitik müssen zusammenarbeiten.

Das bedeutet konkret: Kinderarmut bekämpfen, Erziehungskompetenzen stärken, gesunden Medienumgang fördern. Resilienz-Programme gehören flächendeckend in Kitas und Schulen.

Der Wendepunkt: Jetzt oder nie

Die Generation Z spricht offener über mentale Probleme als frühere Generationen. Trotzdem ist die Hemmschwelle für professionelle Hilfe noch hoch.

Gelingt es nicht, die Weichen jetzt neu zu stellen, droht eine verlorene Generation. Deren individuelles Leid würde zur dauerhaften Belastung für sozialen Zusammenhalt und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

Die Botschaft der IW-Studie ist eindeutig: Prävention ist günstiger als Reparatur. Deutschland kann es sich nicht leisten, die mentale Gesundheit seiner Jugend weiter zu vernachlässigen.