Der Faserhersteller Lenzing AG baut bis Ende 2027 bis zu 600 Arbeitsplätze in Österreich ab. Die drastische Maßnahme erfolgt trotz eines Gewinns von 15,2 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2025. Rund 1.000 Mitarbeiter protestierten bereits gegen die Pläne.

Der Stellenabbau trifft vor allem den Hauptsitz in Lenzing und ist das vierte Sparprogramm in ebenso vielen Jahren. Parallel investiert der Konzern über 100 Millionen Euro in die heimischen Werke – ein widersprüchliches Signal, das bei Belegschaft und Politik für Empörung sorgt.

Zwei Kündigungswellen bis 2027

Die Personalreduktion erfolgt in zwei Etappen. Zunächst fallen 300 Stellen im Verwaltungsbereich weg, davon 250 bereits bis Ende 2025. Diese Maßnahme soll ab 2026 jährlich 25 Millionen Euro einsparen.

Weitere 300 Jobs verschwinden bis Ende 2027 im Rahmen der strategischen Neuausrichtung. Lenzing will seine internationale Präsenz in Asien und Nordamerika stärken. Beide Schritte zusammen sollen die Kosten um über 45 Millionen Euro pro Jahr senken.

Gewinn reicht nicht für Joberhalt

Die Entscheidung überrascht, da Lenzing zuletzt schwarze Zahlen schrieb. Nach einem Verlust von 65,4 Millionen Euro 2024 erwirtschaftete das Unternehmen im ersten Halbjahr 2025 einen Gewinn von 15,2 Millionen Euro.

Trotzdem hält der Konzern am Sparkurs fest. Als Begründung nennt das Management:

  • Schwache Markterholung nach Corona
  • Steigende Rohstoff- und Energiekosten
  • Intensiver Wettbewerbsdruck aus Asien
  • Notwendigkeit zur Kostenoptimierung

Investitionen als Trostpflaster

Gleichzeitig kündigt Lenzing Investitionen von über 100 Millionen Euro für die Standorte Lenzing und Heiligenkreuz an. Das Geld fließt in den Ausbau von Premiumfasern wie Tencel und Ecovero.

Der Konzern prüft außerdem strategische Optionen für sein Werk in Indonesien – bis hin zu einem möglichen Verkauf. Die Botschaft ist klar: Österreich bleibt Technologiestandort, aber mit weniger Personal.

Wütende Proteste und politische Kritik

Bei einer Betriebsversammlung verabschiedeten 1.000 Beschäftigte eine Resolution zum Erhalt der Arbeitsplätze. Der Betriebsratschef sprach von einer "Katastrophe für die Region".

Auch die Politik reagierte scharf. Arbeitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) nannte den Stellenabbau "besorgniserregend". FPÖ-Politiker Manfred Haimbuchner warnte vor dem Verlust von Know-how und kritisierte die "verfehlte Standortpolitik" der Bundesregierung.

Symptom für Europas Industriekrise

Lenzings Entscheidung spiegelt die Probleme der europäischen Industrie wider. Hohe Energiekosten, schwaches Konsumklima und aggressive Konkurrenz aus Asien setzen die Margen unter Druck.

Die Strategie folgt einem globalen Trend: Verwaltungsaufgaben werden zentralisiert oder in günstigere Regionen verlagert, während High-Tech-Produktion am Heimatstandort bleibt. Für Oberösterreich bedeutet das den Verlust hochqualifizierter Bürojobs.

Ungewisse Zukunft für Traditionsbetrieb

Die erste Kündigungswelle startet bereits Ende 2025. Dann müssen 250 Mitarbeiter gehen, während parallel die Millionen-Investitionen anlaufen. Ein Sozialplan soll die Folgen abfedern.

Lenzing strebt für 2027 ein operatives Ergebnis von 550 Millionen Euro an. Ob die Rechnung aufgeht, hängt davon ab, ob sich die Märkte stabilisieren und die Premiumfasern erfolgreich verkauft werden können. Für die betroffenen Mitarbeiter bleibt nur die Hoffnung, dass es beim angekündigten Abbau bleibt.