Der Tod von Heinz Hermann Thiele im Alter von 79 Jahren kam für die Öffentlichkeit unerwartet. Thiele war es, der den Bremsenspezialisten zu einem Weltmarktführer mit fast 30.000 Beschäftigten gemacht, die einst darbende Firma sukzessive aufgebaut, zum Erfolg geführt und im Jahr 2018 auch an die Börse gebracht hatte. Erst im vergangenen Sommer war er nach mehreren Jahren Pause wieder in den Aufsichtsrat des MDax-Unternehmens zurückgekehrt, sein Einfluss war immer noch groß. 2020 hatte Thiele zudem für Schlagzeilen gesorgt, als er zum Großaktionär bei der durch die Corona-Krise in schwere Turbulenzen geratenen Lufthansa aufgestiegen war. Er hatte den Einstieg des Staates zur Rettung der Fluggesellschaft kritisiert, dann aber doch zugestimmt.

Thiele gehörte zu den reichsten Deutschen, sein Vermögen war von der Nachrichtenagentur Bloomberg zuletzt auf gut 20 Milliarden Dollar geschätzt worden. Er hielt mit seiner Familie knapp 60 Prozent an Knorr-Bremse. Wie der Konzern am Donnerstagabend in München mitteilte, hat Thiele vor seinem Tod verfügt, dass die über Holdinggesellschaften gehaltene Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen künftig in eine Familienstiftung überführt wird. Eine weitere wesentliche Mehrheitsgesellschafterin der Holdinggesellschaften bleibe unverändert Thieles Tochter Jutta Thiele-Schürhoff, hieß es.

Die Errichtung der Stiftung soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein, formal werden Thieles Holding-Anteile zunächst von seiner Ehefrau Nadia gehalten und danach in die Familienstiftung überführt. Die Familienstiftung sichere das Lebenswerk ihres Vaters, betonte Julia Thiele-Schürhoff. Sie gehört seit 2002 dem Unternehmen und seit 2016 dem Aufsichtsrat von Knorr-Bremse an.

Das Kontrollgremium um Aufsichtsratschef Klaus Mangold begrüßte derweil die von Heinz Hermann Thiele verfügte Nachlassregelung. Sie sichere die Basis für den künftigen Erfolg des Unternehmens, befand Mangold. Aus Sicht des neuen Konzernchefs Jan Mrosik sorgen die getroffenen Entscheidungen "auch künftig für Stabilität und Kontinuität bei Knorr-Bremse", urteilte der frühere Siemens-Manager.

Mrosik steht erst seit Anfang des Jahres an der Konzernspitze, nachdem sein Vorgänger Bernd Eulitz den Posten nach weniger als einem Jahr schon wieder geräumt hatte. Vorangegangen waren tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten mit Mangold. Schon vor dem ehemaligen Linde-Manager Eulitz hatte der damalige Vorstandschef Klaus Deller 2019 seinen Hut genommen, da es ebenfalls interne Differenzen gegeben hatte.

Mit Mrosik an der Spitze soll die schon länger währende Unruhe auf Management-Ebene nun beendet werden. Abseits der personellen Wechsel hatte Knorr-Bremse im vergangenen Jahr auf operativer Ebene die Folgen der Corona-Krise zu spüren bekommen. Umsatz und Gewinn waren im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgesackt.

Im zweiten Halbjahr hatten sich die Geschäfte dann nach und nach erholt, so dass der Konzern jetzt wieder etwas optimistischer nach vorne blickt. So dürften Umsatz und Gewinn im laufenden Jahr wieder zulegen, aber noch nicht ganz das Niveau der Zeit vor der Krise erreichen, sagte Mrosik bei der Bilanzvorlage Anfang März.

In der Lkw-Sparte dürfte das erste Quartal das stärkste des Jahres sein - danach bremsten der Halbleiter-Mangel und China laut Mrosik das Tempo. In der Zug-Sparte dagegen seien alle Werke gut ausgelastet, die Lieferkette funktioniere - aber in China und Indien würden Aufträge verschoben. In der Zug-Sparte dürfte das erste Quartal deshalb das schwächste sein. Der Auftragsbestand des Konzerns insgesamt sei mit zuletzt 5 Milliarden Euro auf Rekordniveau.

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