Die Medizin steht vor einem Wendepunkt: Künstliche Intelligenz macht Diagnosen zugänglicher und Behandlungen persönlicher. Diese Woche wurden gleich drei bahnbrechende Entwicklungen vorgestellt, die das Gesundheitswesen grundlegend verändern könnten.

In Großbritannien enthüllten Forscher einen KI-verstärkten MRT-Scanner, der hochwertige Bilder zu einem Bruchteil der bisherigen Kosten liefert. Parallel dazu wurde eine neue KI-Plattform angekündigt, die mithilfe von maschinellem Lernen und menschlichen Gewebemodellen vorhersagt, wie einzelne Patienten auf neue Medikamente reagieren werden.

KI-MRT soll Kosten senken und Wartelisten verkürzen

Forscher der University of Sheffield und GE HealthCare haben heute im Royal Hallamshire Hospital eine revolutionäre Entwicklung präsentiert: einen kostengünstigen MRT-Scanner, der KI nutzt, um diagnostische Aufnahmen in hoher Qualität zu erstellen.

Das Herzstück der Innovation liegt in der KI-Software, die an Tausenden von Bildern hochmoderner Scanner trainiert wurde. So kann sie die Bildqualität preiswerter Niedrigfeld-Geräte drastisch verbessern. Das Ergebnis könnte MRT-Scans in lokalen Gesundheitszentren und weniger entwickelten Regionen verfügbar machen – ein Durchbruch für Millionen von Patienten.

Der neue Scanner wird zunächst an gesunden Freiwilligen getestet – die erste von der britischen Arzneimittelbehörde MHRA genehmigte Medizingeräte-Studie unter Leitung der University of Sheffield. "Die Kombination von Lungenscannung mit KI-Technologie ist weltweit einzigartig und könnte die Verfügbarkeit diagnostischer Einrichtungen für Lungenkrankheiten radikal verbessern", erklärte Professorin Charlotte Deane vom Forschungsrat EPSRC.

Präzisionsmedizin: KI beschleunigt Medikamentenentwicklung

Eine Kooperation zwischen REPROCELL, IBM und dem STFC Hartree Centre stellte zeitgleich eine KI-Plattform vor, die die Entwicklung personalisierter Medizin revolutionieren soll. Die "Pharmacology-AI" genannte Technologie analysiert komplexe Daten menschlicher Gewebemodelle und sagt vorher, welche Behandlungen für spezifische Patienten am wirksamsten sind.

Zunächst bei entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt, lässt sich die Technologie auf zahlreiche andere Krankheitsbilder übertragen. Durch die frühzeitige Identifizierung optimaler Patientenprofile für ein Medikament soll die hohe Ausfallrate klinischer Studien reduziert werden.

"Eine Verbesserung der Erfolgsrate von Phase-II- und Phase-III-Studien um nur zehn Prozent könnte die durchschnittlichen Kosten für die Markteinführung eines Medikaments um Hunderte Millionen reduzieren", erläuterte Graeme Macluskie, Direktor für Präzisionsmedizin bei REPROCELL.

Intensivstation: KI rettet Leben durch personalisierte Vitalwerte

Auch in den kritischsten Bereichen des Krankenhauses hält KI Einzug. Forscher der Indiana University School of Medicine haben gezeigt, wie maschinelles Lernen Leben retten kann: durch personalisierte Vitalwert-Ziele für Intensivpatienten.

Das in der Fachzeitschrift npj Digital Medicine veröffentlichte "Dynamic Cohort Ensemble Learning" (DynaCEL) analysiert Patientenakten und generiert individuelle, ideale Herzfrequenz- und Blutdruckziele. Die Studie ergab, dass diese KI-generierten Richtwerte mit besseren Überlebensraten verbunden waren als die herkömmlichen Einheitsziele.

"Unsere Arbeit zeigt, dass personalisierte Ziele, geschätzt durch künstliche Intelligenz, mit einem geringeren Sterberisiko innerhalb von 24 Stunden verbunden sind", sagte Dr. LZ Meng, Co-Leiter der Studie.

Milliardenmarkt mit enormem Potenzial

Diese Durchbrüche ereignen sich in einem rasant wachsenden Markt. Der globale Markt für KI in der Diagnostik erreichte 2024 einen Wert von 1,38 Milliarden Euro und soll bis 2032 auf 6,99 Milliarden Euro anwachsen.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat bereits über 500 Medizingeräte mit KI-Komponenten zugelassen. Gleichzeitig sparen KI-gestützte Diagnosen Ärzten geschätzt 20 bis 40 Prozent der Bearbeitungszeit pro Fall.

Ausblick: KI wird Standard in der Medizin

Der KI-verstärkte MRT-Scanner wird nach erfolgreichen Tests mit Freiwilligen für Patienten geöffnet. Die Entwickler glauben, die Technologie könnte über die Lungenbildgebung hinaus auf degenerative Krankheiten wie Demenz und Parkinson ausgeweitet werden.

Die Pharmacology-AI-Plattform plant bereits die Expansion in neue Krankheitsbereiche. Experten erwarten eine Zukunft, in der prädiktive Diagnostik und personalisierte Behandlungspläne zum Standard werden – mit transformativen Auswirkungen auf Patientenergebnisse und die Effizienz der Gesundheitssysteme weltweit.